Sentence ID ICABaVVfi34VfUS2sSrGp7M5lbU
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jnb ist seiner Klassifizierung nach die „Mauer“. Aber was soll „Tu abattras un mur“ (so Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 9) hier bedeuten? Zwar kann dr auch für physische Objekte verwendet werden, wie etwa für šd.yt: „Schutt“ (Wb 5, 473.13 = Urk. IV, 835.3; in einem Grundsteinritual, neben ḫsr ḏw.t=f: „sein Böses vertreiben“ genannt); und es können auch Tore (Wb 5, 473.19 = Urk. I, 218.14) und eine Grabpyramide (Wb 5.474.13 = pAbbott 2,9) dr: „entfernt“ werden – aber viel häufiger werden doch Krankheiten, Dämonen und generellere (negative) Dinge, wie „Übel“, dr: „beseitigt“. Neben diesem dr: „beseitigen, entfernen“ gibt es noch ein Verb dr: „verkleiden (o.ä.) mit Gold“, Wb 5, 475.5-6 (wohl identisch mit Wb 5, 475.8), was etwa von einem Tempel gesagt wird; und schließlich kennt Wb 5, 475.14 noch ein neuägyptisches Verb drj, das auch m jnb: „an der Mauer“ gemacht werden kann (vielleicht nur identisch mit dem letztgenannten). Aber auch diese Bedeutungen sind im vorliegenden Kontext, so zerstört er ist, fraglich.
Möglicherweise ist daher gar nicht die Bedeutung von dr das Problem, sondern diejenige von jnb. Vielleicht liegt viel eher ein früher Beleg für jnb.w: „Schmutz, Böses“ o.ä. (Wb 1, 95.17) vor, auch wenn dieses Lemma durch das schlechte Paket bzw. den schlechten Vogel eindeutig als negative Entität klassifiziert ist und sich durch diese Schreibung von der vorliegenden Stelle unterscheidet. Für dieses jnb.w führt Wb nur zwei Belege aus Edfu auf, davon aber einer bezeichnenderweise als direktes Objekt von dr: „beseitigen“ (DZA 20.908.630). Einen weiteren Beleg für diese Passage in pBerlin P 13242, Zeile 4b, 10 = 5c,4 (1. Jh. v. Chr.) nennt noch Schott, Reinigung Pharaos, 63 und Taf. 12 (dort mit sitzendem Mann mit Hand am Mund sowie mit Buchrolle und Pluralstrichen (?) klassifiziert) (dieser Beleg auch schon genannt von Wilson, Ptol. Lexikon, 83).
ḫsr[=k]: Gegenüber dem Foto bei Gardiner, Ramesseum Papyri, Taf. 24 ist bei Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 284 am unteren Ende der Kolumne noch ein winziges Fragment mehr zu sehen, das in der Zwischenzeit hinzugekommen sein muss. Auf diesem Fragment ist unter dem Rest des Klassifikators von ḫsr noch der Rest einer waagerechten Linie erhalten. An der Kolumnentrennlinie zwischen den Kolumnen C, x+4 und C, x+5 ist am oberen Ende der Rest der oberen waagerechten Rahmenlinie erhalten. Verglichen mit der Kolumnenhöhe auf den Fragmenten A und B, und unter der Voraussetzung, dass die beiden Teilfragmente von C korrekt zueinander positioniert sind (und die Ergänzung in C, x+3 macht das wahrscheinlich), kann die waagerechte Zeichenspur unter dem ḫsr von C, x+2 kaum eine Hieroglyphe sein, sondern wird Teil der unteren Rahmenlinie sein. Das zu vermutende Subjekt von ḫsr wird also am Beginn der folgenden Kolumne gestanden haben. Die Transkription und Transliteration von Meyrat, a.a.O., 284 und 9 wäre dementsprechend zu korrigieren.
[ꜣš_]: Die kurze Lücke am Beginn von Kolumne C, x+3 erschwert die Interpretation des Satzes. Meyrat, a.a.O., 9 lässt die Lücke offen und übersetzt den Satz mit „[tu] repousseras [...] [...] cœur qui est [dans] le corps d’Horus contre Seth et vice-versa.“ Aufgrund der Kürze der Lücke kann darin, abgesehen von dem rekonstruierten Suffixpronomen =k, nur ein einziges, zudem relativ kurzes Wort gestanden haben. Das Verb ḫsr: „beseitigen, vertreiben“ wird sehr oft mit ḏw: „Böses“ verbunden. Das folgende jb wäre dann am ehesten als Genitivus loci zu verstehen, d.h. als der Ort, an dem das Böse sich befindet und von dem es vertrieben werden sollte. Eine solche Konstruktion findet sich vielleicht in den Festgesängen von Isis und Nephthys, pBM EA 18188, 14,25 (DZA 28.105.630): ḫsr=s ḏw ḥꜥ.w=k: „Sie vertreibt das Böse an deinen Gliedern“. Allerdings besitzt das Nomen rectum dort nur eine kurze Erweiterung in Gestalt eines Suffixpronomens, wohingegen es im pRamesseum VII ein ganzer Relativsatz ist. Es wäre zu prüfen, ob das syntaktisch möglich und/oder stilistisch plausibel ist.
Die folgende Kolumne C, x+4 scheint nun parallel zu C, x+3 aufgebaut zu sein: Hier [---] jb n.tj m ẖ.t n.t Ḥr.w, und dort [---] jb n.tj m ẖ.t n.t rmṯ.w nb. Zusätzlich beginnen beide Sätze in der jeweils vorherigen Kolumne mit dr=k jnb. In Kol. C, x+4 steht nun über dem jb (auf dem kleineren, von Hugo Ibscher dort platzierten Teilfragment) ein Wortrest aus der unteren Hälfte eines Vogels sowie einem komplett erhaltenen š-Teich. Den Vogel hat Gardiner, Ramesseum Papyri, Taf. 24A zu einer Eule ergänzt, Meyrat, a.a.O., 284 zu einem Schmutzgeier. Die Zeichenform der Vogelbeine lässt tatsächlich beides zu. Der Klassifikator ist leider zerstört, und ebenso der Wortanfang – aber bei der hier vorgeschlagenen Rekonstruktion (s. auch den Kommentar zum Folgesatz) ist über dem Vogel nur wenig Platz für diesen Wortanfang, der höchstens für ein schmales waagerechtes Zeichen oder zwei sehr kleine nebeneinanderstehende ausreicht. Leider lässt sich bislang kein Wort mit dem Konsonantenbestand ...mš oder ...ꜣš ausmachen, das sich sinnvoll in den Kontext einbinden ließe. Es wäre verführerisch, einen Schreibfehler für wš: „leer sein“ (Wb 1, 368.5-14) anzunehmen. Man denke hier vielleicht an die wš jb: „Herzensleere“ (o.ä.) in der Klage des Lebensmüden, Kol. 85 (s. hier im TLA den Kommentar zur Stelle von P. Dils: http://aaew.bbaw.de/tla/servlet/S02?u=guest&f=0&l=0&db=0&wc=163267). Da die Beine des Wachtelkükens in diesem Text jedoch deutlich anders aussehen als die hier stehenden Vogelbeine, wäre eine Ergänzung zu einem Wachtelküken nicht möglich; man müsste vielmehr postulieren, dass ein anderer Vogel dasteht und dieser ein *Fehler* für ein Wachtelküken ist.
Wozu auch immer sich dieser Wortrest in C, x+4 ergänzen lässt – aufgrund der Parallelität der Sätze ist es sehr wahrscheinlich, dass sich das entsprechende Wort auch in x+3 über jb rekonstruieren lässt. Die noch erkennbaren, aber nicht mehr identifizierbaren Zeichenreste über dem jb müssen dann zum Klassifikator dieses [_]?ꜣ/mš gehören, der in x+4 leider komplett zerstört ist.
Wenn man in der Lücke ein Substantiv ergänzt, das jb (...) als Nomen rectum an sich bindet, wäre ferner zu klären, wie das r Stẖ anzuschließen wäre. Diese Adverbialphrase wäre bei einer solchen Ergänzung vom Verb ḫsr abhängig. Als präpositionale Anschlüsse bei ḫsr: „abwehren, beseitigen“ sind aber bislang nur belegt: ḫsr n (= m): „(Böses) abwehren an/von (einem Ort)“ (DZA 28.105.610), ḫsr ḥr: „(Böses) abwehren von (einer Person)“ (DZA 28.105.640, DZA 28.105.750, DZA 28.105.770 [vgl. zu den letzten beiden mit weiteren Parallelen u.a. Vandier, in: ZÄS 93, 1966, 135]) sowie ḫsr r tꜣ: „(Böses) zu Boden schlagen (o.ä.)“ (DZA 28.105.730). In Anbetracht der üblichen Götterkonstellationen magischer Sprüche sollte Seth auch in pRamesseum VII eher der Verursacher einer negativen Sache sein und damit der Verursacher dessen, was ḫsr: „vertrieben“ wird, als der Nutznießer des Verbtreibens. Eine Übersetzung „[Du] sollst das [xy] des Herzens, das im Körper des Horus ist, von Seth abwehren“ ist demzufolge unwahrscheinlich. Die magische Formel ṯs-pẖr: „und umgekehrt“ am Satzende könnte sich zwar darauf beziehen, dass das, was mit Seth gemacht wird, „umgekehrt“ auch mit Horus gemacht wird, was Seth in jedem Fall auch zu einem Nutznießer machen würde. Aber dennoch würde man erwarten, dass Positives zunächst Horus widerfährt.
Daher ist es auch denkbar, dass dieses [_]?ꜣ/mš ein Verb ist, das als Objekt von ḫsr dient und damit entweder eine Relativform mit jb als Subjekt oder ein Partizip mit jb als Objekt ist. Diese Option eröffnet die Möglichkeit, dass r Stẖ von diesem Verb statt von ḫsr$ abhängig ist. Dieses Verb müsste eine negative Handlung ausdrücken, da sie eben abgewehrt wird, aber erneut lässt sich im ägyptischen Lexikon kein passendes Lemma finden.
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(Full citation)Lutz Popko, with contributions by Kay Christine Klinger, Daniel A. Werning, Sentence ID ICABaVVfi34VfUS2sSrGp7M5lbU <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICABaVVfi34VfUS2sSrGp7M5lbU>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 19, Web app version 2.2.0, 11/5/2024, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICABaVVfi34VfUS2sSrGp7M5lbU, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)
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