Sentence ID ICQBRI3hg7r5xkR1rjRW8l1OhzQ
Es ist wie Seth, der Wütende, die Schlange, das üble Gewürm, dessen Wasser im Maul (wörtl.: das Wasser in seinem Maul) eine Flamme ist, der kommt, indem sein Gesicht grimmig ist und seine Augen von Falschheit umgeben sind, um erneut großes Leid anzurichten, so, wie er vordem ((gegen …?)) gegen Osiris handelte, als er ihn auf dem Unglückswasser abtreiben ließ, wobei alle seine Körperteile verteilt waren.
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Stj: Vgl. die glossierte Schreibung auf pLouvre E 3237, Zeile 1
mj jri̯.n =f ((r)) ((⸮___?)) r Wsjr tꜣ ḥꜣ.t: Die verschiedenen Versionen sind hier nah genug, um als Beinahe-Parallelen zu gelten, weichen aber im Detail voneinander ab (s. auch Goyon, in: BIFAO 75, 1975, 359):
– pBrooklyn 47.218.138, Zeile x+14,15 schreibt mj jri̯.n=f r ḫftj n Wsjr ẖr-ḥꜣ.t (…): „wie er zuvor gegen den ‚Feind‘ des Osiris (d.h. gegen Osiris) gehandelt hat (…)“. Vgl. Brose, in: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICICMuyqnWT19klHiwToszQt3cM, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 13.5.2024), der übersetzt mit: „wie er es als Feind des Osiris zuvor getan hat“. Zur ‚euphemistischen‘ (besser: antiphrastischen) Gebrauchsweise von ḫftj vor Königs- oder Götternamen s. Posener, in: ZÄS 96, 1969, 30-35.
– In pNew York MMA 35.9.21, Zeile 26,8 steht mj {m} jri̯=f sw ẖr-ḥꜣ.t: „so, wie er es zuvor getan hat“. Vgl. Feder, in: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd33E2kaMkUChpQlPXgc0ILg, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 13.5.2024).
– Der noch unpublizierte pBerlin 3037 hat ein inhaltlich nicht korrekt eingebundenes j (=r) Wsjr ẖr-ḥꜣ.t: „(indem er) zuvor (Leid anrichtete) gegen Osiris“, vgl. Goyon, in: BIFAO 75, 1975, 359 im textkritischen Apparat.
– Die hieroglyphische Fassung im Hibis-Tempel schreibt ḥr jri̯.n=f r ḫftj n Wsjr tꜣ-ḥꜣ.t: „weil(?) er zuvor gegen den ‚Feind‘ des Osiris (d.h. gegen Osiris) gehandelt hat“, s. Chassinat, in: RecTrav 14, 1893, 14 und Goyon, a.a.O.
– Das Verständnis der Variante von pLouvre 3239 wird nun nicht nur durch diese davon abweichenden Varianten erschwert. Vielmehr führt auch die Zeichenverteilung selbst zu zusätzlichen Interpretationsschwierigkeiten: Der Anfang von Zeile 5 ist bis zu jri̯.n=f in einem Zuge durchgeschrieben (wenn auch mit Dipping bei mj). Dann hat der Schreiber eine kleine Lücke gelassen und danach, etwas nach oben versetzt, r Wsjr geschrieben. In die kleine Lücke zwischen diesen beiden Phrasen, und tlw. über dem jri̯.n=f, hat er einen Nachtrag gesetzt, den Chassinat, a.a.O., 14 und Goyon, a.a.O., 359, textkritischer Apparat, als jri̯.t=f transliterieren. Chassinats Übersetzung auf S. 15 spiegelt diesen Nachtrag jedoch nicht wieder: „comme il a fait jadis contre Osiris“. Zieht man ihn hinzu, müsste man die Stelle in etwa übersetzen mit: „so, wie er tat, was zuvor er gegen Osiris tat“. Der Nachtrag würde die Formulierung komplizierter machen, ohne deren Aussage um eine zusätzliche Nuance zu bereichern. Chassinat selbst hat die Lesung dann später in einer neueren Transliteration und Übersetzung dieses einen Satzes in Chassinat, Khoiak, Vol. 2, 479 auch angezweifelt und setzte daher an dieser Stelle in der Übersetzung nur drei Punkte.
Tatsächlich ist auch Chassinats’ Interpretation des Nachtrags unsicher. Denn auf dem aktuellen Foto des Louvre hat dasjenige Zeichen, das er als Auge interpretierte, eindeutig die Form eines r, das eine zuvor nachgetragene waagerechte Linie leicht zu überlappen scheint. Sein =f könnte ferner auch eine w-Schleife sein, und auch sein t ist unsicher, weil davor, zwischen dem Auge des von Anfang an dastehenden jri̯.n=f und dem nachgetragenen r, noch ein weiterer Haken steht.
Sethe, Dramatische Texte, 38 zitiert diese adverbiale Verbindung nach „einer (…) von Gardiner berichtigt[en]“ Abschrift als mj jri̯.t.n=f r Wsjr tꜣ-ḥꜣ.t m-ḏr ḏi̯=f mḥi̯=f ḥr mw: „wie das, was er getan hat gegen Osiris vordem, als er ihn im Wasser ertrinken ließ“. Gardiner und ihm folgend Sethe haben also den Nachtrag ebenfalls als r statt als Auge gelesen, und dieses r als phonetisches Komplement zu dem auf mj folgenden jri̯ interpretiert. Den Haken unter dem r interpretierten auch sie als t und zogen es ebenfalls zu jri̯, das somit zu einer Relativform jri̯.t.n=f wurde. Das erklärt aber auch noch nicht den zusätzlichen Haken vor dem t. Außerdem müsste man dann auch noch die Verdopplung von n=f erklären – einmal schon von Anfang an dastehend und ein zweites Mal nachgetragen.
Aus all diesen Gründen bleiben Lesung und Bedeutung des Nachtrags unklar. Ebenso unklar ist, was vorher in der Lücke gestanden hat. Tintenreste eines älteren, getilgten Wortes, wie bspw. des Pronomens sw wie im pNew York MMA 35.9.21, sind auf dem Foto des Louvre nicht zu erkennen. Gleichzeitig sei wiederholt, dass das r Wsjr am Zeilenende zwar den Eindruck erweckt, zum ursprünglichen Textbestand zu gehören, dass es aber leicht über der Schreiblinie dieser Zeile steht. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Schreiber die adverbiale Verbindung mj jri̯.n=f {{___}} r Wsjr auch nicht in einem einzigen Zug geschrieben hat.
mḥi̯=f: Wb 2, 121.unten-122.11 gibt als Bedeutungen des Verbs u.a. „im Wasser sein“, „schwimmen“, „ertrinken“ und „ertränken“ an. Sethe, Dramatische Texte, 38 entscheidet sich konkret an dieser Stelle für „ertrinken“. Jedoch konnte Vernus, in: SEAP 9, 1991, 24-28 zeigen, dass die aktive Bedeutung „ertränken“ erst ab der Spätzeit bekannt ist und das Verb in früher Zeit eher „schwimmen, abtreiben“ u.ä. bedeutet. Textstellen, in denen vom mḥi̯ des Osiris die Rede ist, seien daher kein Beleg für das „Ertränken“ oder „Ertrinken“ dieses Gottes im Sinne von „périr par asphyxie dans un liquide“ (a.a.O., 24). Vielmehr seien diese Textstellen Belege für den Moment, in dem der schon tote Körper des Osiris in den Fluss geworfen sei und abtreiben würde (S. 26). (Griffiths, in: ZÄS 123, 1996, 113 hält die Bedeutung „ertrinken“ in diesem Zusammenhang dagegen doch wieder für möglich.)
Bezüglich der Schreibung des Verbs ist darauf hinzuweisen, dass es vermutlich mit zusätzlichen laufenden Beinchen klassifiziert wurde. Diese sind oberhalb der drei Wasserlinien im Zwischenraum zwischen den Zeilen 5 und 6 nachgetragen worden (von Chabas und Goyon übersehen). An dieser Stelle, d.h. über den Wasserlinien, hat sie auch Gardiner (Sethe, a.a.O.) gesetzt. Dieses Verb kann tatsächlich einige Male mit den laufenden Beinchen geschrieben werden: Schachspielpapyrus: DZA 24.279.210; pChester Beatty VIII: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBUBdzDJDgVzi0t3mnSzUq8rcUw, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 14.5.2024); Miscellanies auf pTurin A: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBUBdyGObElXp0yCiWUmswMs9Qw, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 14.5.2024); Delta-Mythen: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBUBd2NxsXQILkNJg1712QoApQQ, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 14.5.2024); Amenemope: DZA 24.279.070 bzw. https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBUBdW1eQWJQP0QTrg5McLevVzU, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 14.5.2024)). In diesen Fällen sind die laufenden Beinchen aber immer der letzte Klassifikator. So fragt sich auf pLouvre E 3239 umso mehr als ohnehin schon, warum der Schreiber sie nicht in dem freien Raum über dem =f nachgetragen hat, wo genügend Platz dafür war, sondern zwischen das jri̯.n=f von Zeile 5 und eben die drei Wasserlinien von mḥi̯ in Zeile 6. Daher ist nicht völlig ausgeschlossen, dass auch dieses Zeichen eigentlich Teil des komplexen Nachtrags in Zeile 5 ist.
mw ḏꜣ{.t}: Die Vermutung von Griffiths, Origins of Osiris, 9-10, dass ḏꜣ.t hier eine Schreibvariante der dwꜣ.t, der „Unterwelt“ sei, ist sicherlich abzulehnen. Die Geschehnisse, auf die in diesem Satz angespielt werden, sind noch im Diesseits, genauer: in Ägypten, zu verorten.
ꜥ.wt nb.t: Die Parallele in Hibis schreibt ḥꜥ.wt statt ꜥ.wt, weswegen Chassinat, in: RecTrav 14, 1893, 14 auch auf pLouvre E 3239 zu ḥꜥ.wt ergänzt, wobei seine eckigen Klammern sicherlich eher für Emendation statt für Ergänzung von Zerstörtem stehen, da der Papyrus an dieser Stelle nicht zerstört ist. Eine solche Emendation ist jedoch nicht nötig, denn die Aussage funktioniert auch mit ꜥ.wt.
Persistent ID:
ICQBRI3hg7r5xkR1rjRW8l1OhzQ
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https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQBRI3hg7r5xkR1rjRW8l1OhzQ
Please cite as:
(Full citation)Lutz Popko, with contributions by Svenja Damm, Sentence ID ICQBRI3hg7r5xkR1rjRW8l1OhzQ <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQBRI3hg7r5xkR1rjRW8l1OhzQ>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 18, Web app version 2.1.5, 7/26/2023, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQBRI3hg7r5xkR1rjRW8l1OhzQ, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)
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