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Recto Beginn des Textes verloren [jw] [=n] (r) [šdi̯] [=st] [m-ḏr.t] [Ḫns.w] Rto. x+1 Wn.w-nḫn.w [Ḫ]ns.w-Pꜣ-jri̯-sḫr.w.PL Rto. x+2 pꜣj jꜥnw.PL 2 ꜥꜣ.y{t}.PL Rto. x+3 ꜥnḫ n.tj ḥtp.w ḥr wnm.j smḥ.w Rto. x+4 n(.j) Ḫns.w-m-Wꜣs.t-Nfr.PL-ḥtp.w.PL n.tj Rto. x+5 mntst jri̯ ḏi̯.t pri̯.t šꜥ.t n(.t) Rto. x+6 mwt n(.t) ꜥnḫ
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Das obere Ende des Papyrus ist nicht erhalten, daher ist es schwer, zu entscheiden, auf welcher Seite sich der Anfang befunden hat. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 1) führt zwei Gründe an, die ihn veranlasst haben, den Beginn des Textes auf der Seite des Papyrus zu vermuten, auf der die vertikalen Fasern oben liegen: Erstens beginnen die meisten anderen Papyri ebenfalls auf dieser Seite, und zweitens befindet sich auf der anderen Seite in den Zeilen 52–59 eine Formel, die in vollständig erhaltenen Texten eine Art Epilog darstellt. Auf der Basis einer vergleichenden Zusammenschau aller Texte ist also davon auszugehen, dass auch der hier vorliegende Text auf der Seite des Papyrus beginnt, auf dem die vertikalen Fasern oben liegen. Diese Seite wird im Folgenden – Edwards entsprechend – als „Recto“ bezeichnet.
Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Fasernverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. protocollon zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um ein „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx). -
n.tj mntst jri̯ ḏi̯.t pri̯.t šꜥ.t n(.j) mwt n(.j) ꜥnḫ: Die Satzkonstruktion ist außergewöhnlich, da hier offenbar der Relativkonverter n.tj einen Spaltsatz einleitet, wobei nominale Satzmuster in durch n.tj eingeleiteten Relativsätzen im Neuägyptischen sonst nicht belegt sind, s. Neveu, Langue des Ramsès, 150–156; vgl. hingegen einen Beleg für die Konvertierung eines Substantivalsatzes im Mittelägyptischen: Brose, Grammatik der dokument. Texte, 392 [172].
Edwards (HPBM 4, Bd. 1, 2, n. 3) setzt hier, anders als im Neuägyptischen zu erwarten, ein imperfektives Partizip (jri̯) an, da er davon ausgeht, dass es sich um ein bekanntes Epitheton handelt, in dem sich älterer Sprachgebrauch erhalten hat. Allerdings findet sich die Formulierung außer in den OAD nicht als Epitheton, vgl. LGG VIII, 574a–594a. Und auch innerhalb der Textgruppe bietet dieser Papyrus eine eigene Variante, die sich von den anderen deutlich unterscheidet. Die vier anderen Papyri, die eine Parallele zum letzten Teil des Satzes aufweisen, zeigen eine mehr oder weniger homogene Textversion: T1, Rto. 56–57: jw=w (ḥr) ḏi̯.t pri̯.t mḏꜣ.t r šꜥd r sꜥnḫ; P3, Rto. 95: jw=w (ḥr) ḏi̯.t pri̯ mḏꜣ.t; B, Rto. 58–59: n.tj (ḥr) ḏi̯.t pri̯ mḏꜣ.t r [šꜥd] r sꜥnḫ; L6, Rto. 67–68: nꜣ n.tj (ḥr) ⸢ḏi̯.t⸣ pri̯ mḏꜣ.yt n(.j) mjsic sꜥnḫ. Es handelt sich in jedem Fall grammatikalisch um einen Adverbialsatz ohne Periphrase, der entweder durch eine Pseudoverbal-Konstruktion im zweiten Tempus oder durch den Relativkonverter n.tj untergeordnet ist. In L6 ist der Relativsatz zudem durch den bestimmten Artikel substantiviert. Im Titel des Buches finden sich Diskrepanzen in der Lexik, die allerdings inhaltlich keinen großen Unterschied ausmachen. Dies deutet darauf hin, dass womöglich dem Schreiber von T1 die Phrase zwar bekannt war, er aber mit der exakten Formulierung nur zum Teil vertraut war. Er hat sich für eine Formulierung mit Relativsatz entschieden und offenbar – vermutlich, um den direkt vorhergehenden Götternamen als Bezugswort auszuschließen – einen Verweis auf das Bezugswort für nötig empfunden, was letztendlich diese gänzlich ungewöhnliche Satzstruktur ergeben haben könnte. Die Orthographie des unabhängigen Personalpronomens (ntst) liegt quasi zwischen der mehr traditionellen Form ntsn und der näg. Form ntw, vgl. Neveu, Langue des Ramsès, 25. Das Partizip jri̯ zeigt kein Augment, vgl. hier den Gebrauch des j-Augments im magischen P.Harris, s. Gohy/Winand, in: LingAeg 19, 2011, 52–53.
Zur religionsgeschichtlichen Einordnung von schicksalsbestimmenden Büchern im Alten Ägypten, s. Brunner, in ZÄS 115, 1988, 14–19. -
[jw=n (r) šdi̯=st m-ḏr.t]: Ergänzung nach den Parallelen in T1, Rto. 53; T2, Vso. 85; P3, Rto. 87; B, Rto. 53.
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