Sentence ID IBUBd4fDvAfh30WAjMl7IYVjAUY
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ẖr: Nur in den medizinischen Texten und dort nur in Mitteln gegen Würmer genannt (außer Eb 99, wo es in einem Mittel gegen ꜥꜣꜥ gebraucht wird). Es ist mit Euter mit Schwanz (Gardiner Sign-list F32) über einem r (?) (s. im Folgenden) geschrieben und nur mit dem Ersatzstrich klassifiziert, was auf einen ursprünglich schwierig zu schreibenden Klassifikator hindeuten mag. Die Droge ist als Teil der Seyal-Akazie (ꜥr.w), der Schirmakazie (ksb.t), der Dorn-/Nilakazie (šnḏ.t) und des bislang nicht identifizierten bḫb-Baumes genannt.
Zur Lesung:
Wreszinski liest das Zeichen unter F32 noch als t (Wreszinski, Papyrus Ebers, 16 und passim; Wreszinski, Medizinischer Papyrus Berlin, 1 und 131). Auch Stern hatte wohl noch t gelesen: Er gibt die Verbindung in Eb 99 = pEbers 24,15 als χert wieder, d.h. ẖrt, s. Stern, in: Ebers, Papyros Ebers, Bd. 2, 46a, s.v. šénṭet, d.h. šnḏ.t, und 62b, s.v. χert. Stern interpretierte dieses Wort demzufolge als Schreibvariante eben seines Drogennamen χert, der heute sd.w (DrogWb, 469) gelesen wird, auch wenn er die abweichende Schreibung dort nicht notiert. Dass Stern drei Konsonanten ansetzt, nämlich χ, r und t, wird im Falle des hier diskutierten Wortes daran liegen, dass Gardiner F32, das Euter mit Schwanz, im 19. Jh. mitunter als Zweikonsonantenzeichen für (scil.: heutiges) ẖr angesehen wurde; vgl. andeutungsweise schon Brugsch, Wb III, 1120 und explizit, wenn auch zeitlich erst nach Sterns Glossar, Brugsch, in: ZÄS 19, 1881, 40 und Brugsch, Wb VI, 959. Das bedeutet, dass Stern das Euter mit Schwanz als ẖr verstanden hat und das Zeichen darunter, wie später Wreszinski, als t. Auch auf DZA 28.248.030 (= Bln 5) findet sich noch die Option, t zu lesen. Insgesamt hat Wb sich aber dann für die Lesung r, also insgesamt ẖr, entschieden, s. Wb 3, 385.13 und DrogWb, 415, die seitdem üblich ist. Das Hieratische des pEbers lässt beide Lesungen zu, ẖr und ẖt. Das Hieratisches des pBerlin P 3038 ist nicht ganz eindeutig. In Bln 5 = Zeile 1,4 (Wreszinski, Medizinischer Papyrus Berlin, Taf. 1) steht es direkt neben ẖ.t: „Körper, Leib, Bauch“, und dort hat man den Eindruck, als unterscheide sie die Schreibung, denn während das eindeutige t von ẖ.t: „Körper“ einen Abstrich nach unten hat, fehlt der Drogenbezeichnung dieser Abstrich, so dass man denken könnte, es sind wirklich zwei verschiedene Zeichen; allerdings sieht die Zeichenform des eindeutigen ẖ.t: „Körper“ in Kol. 14,1 und 14,4 (Wreszinski, a.a.O., Taf. 14) der Schreibung des Drogennamens sehr ähnlich. Sollte man doch ẖr lesen müssen, ist die Schreibung zumindest hervorhebenswert, weil Wörter mit dieser Konsonantenfolge meist mit dem Zweikonsonantenzeichen ẖr geschrieben werden.
Zur Bedeutung:
– Stern, der eben χert las und darin eine Graphie für das heutige sd.w, erwog „fibra arboris?“. Das dürfte allein aus dem Klassifikator von sd.w geraten sein, sofern er sich nicht von demotisch ḫrṱ (Erichsen, Glossar, 367) hat inspirieren lassen, das Brugsch, Wb III, 1132 mit derselben Transkription χert und der Übersetzung „fascia“ nennt. Diese Lesung und Bedeutung übernimmt auch Joachim, Papyros Ebers, 125 zumindest für Eb 99; die anderen vier Stellen, Eb 54, 57, 59, 72, übersetzt er unkommentiert mit „das Innere“ (S. 11, 12, 15).
Brugsch, Wb VI, 964 nennt zwar Sterns Vorschlag „fibra arboris“, verbindet das Wort aber eher mit ẖrd: ‚Sprössling (einer jungen Pflanze)‘, also eigentlich dem Wort ẖrd: „Kind“.
– Die Wb-Transkription ẖr findet sich dann in den nachfolgenden Bearbeitungen ab Ebbell, Papyrus Ebers, 36 und passim, ohne dass ein Vorschlag zur Bedeutung gemacht werden konnte.
– Falls man zur Lesung ẖt oder ẖ.t zurückkehrt, ließe sich diskutieren, ob ein Zusammenhang mit dem Wort ẖ.tj von Wb 3, 359.7 besteht. Dieses ist mit einer Schnur klassifiziert und in Tb 155 und 156 als Teil der Sykomore (nh.t) erwähnt. Es ist etwas, woran man ein Amulett hängen kann und dieses Gebilde kann um den Hals einer Person gehängt werden. Wb vermutet daher „Bast“ – diese Bedeutung erinnert an Sterns Vermutung „fibra arboris“, wenn auch sicherlich nur rein zufällig. Helck, Materialien V, 309 (917) verweist auch noch auf Matten aus ẖt auf oKairo CG 25619, vso. 3. Janssen, Prices, 140 vermutet in diesem letzterem ẖt, für das er weitere Stellen im Zusammenhang mit Körben nennt, keine Materialangabe, sondern eine besondere Herstellungsart – v.a. weil es einmal als Qualität eines dꜣj.w-Gewandes genannt wird, es aber in Ägypten keine Gewänder aus „bark“ gäbe (wobei dieses Argument leicht missverständlich formuliert ist, weil Wb nicht die Rinde, sondern nur deren Bast vorschlägt, aber auch daraus wird in Ägypten keine Kleidung angefertigt; zu einigen wenigen denkbaren Bastfasern in Textilien s. Vogelsang-Eastwood, in: Nicholson/Shaw, Ancient Egyptian Materials and Technology, 269). Janssen, a.a.O., Anm. 47 hält es aber für denkbar, dass eine Erwähnung von ẖ.t (mit Holzklassifikator) in oMichaelides 6 (= oLA County Museum M.80.203.190), Verso 4 (Goedicke/Wente, Ostraka Michaelides, Taf. 57, https://collections.lacma.org/node/245635 [23.10.2020]) diesem ẖ.tj des Wb entspreche, zumal es dort einem Eintrag von nh(.t) folgt. Aber er hält es auch für möglich, dass hier eine „abbreviated form“ des ẖr der medizinischen Texte vorliegen könnte, stellt also einen möglichen Zusammenhang zwischen beiden Lemmata her.
– Unter der Prämisse, ẖt oder ẖ.t zu lesen, gibt es noch eine weitere Möglichkeit: In den Jahreszeitenreliefs des Niuserre findet sich eine Sumpfpflanze abgebildet, die ẖt überschrieben ist, s. Edel, Jahreszeitenreliefs I, Abb. 13 und S. 252-253. Eine Identifizierung der Pflanze schlägt Edel nicht vor; auffällig ist jedoch die Form der Pflanze: Lange, senkrechte Stiele, auf deren gesamter Länge und dicht an dicht Blätter nach links und rechts abstehen. Sollte die Identifizierung der drei Bäume, die in den medizinischen Texten ẖr/ẖt-Teile besitzen, als Akazienarten korrekt sein, ist es verführerisch, deren Fiederblätter mit der Sumpfpflanze des Jahreszeitenreliefs zu vergleichen und in dem ẖt/ẖ.t der medizinischen Texte eben eine Bezeichnung für diese Art Blatt zu sehen; d.h. die Sumpfpflanze wäre dann sozusagen die „Fiederblättrige“. Gegenargument gegen eine solche Deutung wäre, dass in Eb 99 neben dem ẖt/ẖ.t der Dornakazie und der Seyal-Akazie auch ḏrḏ-Blätter verwendet werden sollen. Das könnte man u.U. damit erklären, dass ḏrḏ vielleicht konkret die einzelnen Blättchen meinte und ẖt/ẖ.t eben das Fiederblatt als Ganzes, aber dennoch würde die separate Nennung der einzelnen Blättchen verwundern, wenn sie doch in der Nennung der Fiederblätter mit eingeschlossen wären.
1/64 ist jeweils am Zeilenende untereinander geschrieben, weswegen es in Zeile 6 und 7, wie stellenweise auch in den vorigen Kolumnen, durch ein großes Spatium von den Drogennamen getrennt ist. Im Fall der letzten Droge ist dadurch auch das 1/32 vom 1/64 getrennt, da Letzteres direkt an mw anschließt, das 1/64 aber eben erst am Ende der Zeile steht. Daher das „sic“ bei Wreszinski, 16, wohingegen sich weder im Grundriß der Medizin V, 200 noch bei Westendorf, Handbuch Medizin, 556 ein Vermerk darauf findet.
Kurioserweise erhält man in Zeile 17,5 den Eindruck, als würde das Determinativ von ksb.t die Maßangabe leicht überschneiden, als hätte also die Maßangabe schon dagestanden und n ksb.t wäre nachgetragen worden.
zrm.t: Den Kontexten nach ein Dattelprodukt. Während diese Droge in den medizinischen Texten nur mit dem Krug, also als Flüssigkeit, klassifiziert ist, gibt es außerhalb der medizinischen Texte auch Schreibungen mit dem Rohstoffklassifikator Gardiner N33. Im Grab des Antefoqer dient zrm.t als Speise und nicht als Getränk, und in den medizinischen Texten sollen fast alle Medikamente, in denen zrm.t vorkommt, gegessen und nicht getrunken werden. Aus diesem Grund vermutet Germer, Arzneimittelpflanzen, 160-161, dass es neben dem zrm.t-Dattelgetränk auch eine feste zrm.t-Substanz gab, die vielleicht aus dem Rückstand (Trester) gepresster Datteln bestand.
Gardiner, AEO II, 234*-235*, Anm. 563 vermutet ebenso, dass zrm.t „grain-like or at least semi-solid in the dry state“ sei. Als Argumente dienen ihm
– das Grab des Ptah-schepses in Abusir, in dem zrm.t zusammen mit einer Getreidesorte und Erdmandeln genannt ist und mit drei Getreidekörnern determiniert ist (Gardiner, Sign-list M33 und nicht nur die unspezifischeren drei Kreise N33A, wie Gardiner, AEO sie wiedergibt; vgl. das Foto in Verner, Abusir I, 187, Abb. 10);
– generell die Klassifizierung mit Gardiner N33A und Pluralstrichen;
– die Position des zrm.t$ unter den Getreidearten im Onomastikon des Amenemope.
Das koptische Derivat ist ⲥⲟⲣⲙ: „Hefe, Bodensatz“.
Persistent ID:
IBUBd4fDvAfh30WAjMl7IYVjAUY
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https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd4fDvAfh30WAjMl7IYVjAUY
Please cite as:
(Full citation)Lutz Popko, with contributions by Altägyptisches Wörterbuch, Florence Langermann, Peter Dils, Daniel A. Werning, Sentence ID IBUBd4fDvAfh30WAjMl7IYVjAUY <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd4fDvAfh30WAjMl7IYVjAUY>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Corpus issue 19, Web app version 2.2.0, 11/5/2024, ed. by Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning on behalf of the Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften and Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils on behalf of the Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (accessed: xx.xx.20xx)(Short citation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd4fDvAfh30WAjMl7IYVjAUY, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (accessed: xx.xx.20xx)
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