Satz ID ICQBJ1AnV1bO9EKjriyo0YEah6g
Was diesen Kasten aus Nilakazienholz angeht, der sich unter {Athribis} 〈dem Großen Schwarzen〉 (?) der Nekropole befindet [und von dem man] den Namen dessen, was in seinem Inneren ist, [nicht nennen kann]: Es ist das ḥꜣ.tj-Herz, es ist die Lunge, [es ist] die Milz, es ist das [mn]ḏr-Organ, es ist das erlesene (Organ?) des Osiris, also das Innere des Osiris.
Kommentare
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Ergänzungen weitestgehend nach Roccati, in: Aegyptus 49, 1969, Taf. Ia. Anders, als von ihm vorgeschlagen, würde am Ende von Zeile x+5 aber vielleicht auch noch das im vorherigen Satzteil ausgefallene jnk hineinpassen, umso mehr, wenn das st tatsächlich schon am Beginn der folgenden Zeile steht.
Km.t: Die Parallele schreibt Km-wr: „Athribis“. Die Übersetzung „der sich im Athribis der Nekropole befindet“ ergibt jedoch wenig Sinn. Borghouts, Mag. Texts, 100, Anm. 24 vermutet zwar, dass mit dem „Athribis der Nekropole“ eben die Nekropole der Region von Athribis gemeint sei, doch wäre diese Wortbildung ungewöhnlich, da Nomen regens und Nomen rectum gegenüber dem Erwarteten vertauscht wären. Außerdem fragt man sich, ob dann bei einer solchen Lokalangabe nicht eher die Präposition m statt ẖr verwendet worden wäre.
Die übernächste parallele Sentenz von pChester Beatty VIII (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBdwz9IQGcPEhcgzi967Zg5wY, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 13.3.2024)) schreibt nach n.tj ẖrj einen Götternamen. Die dazwischenliegende Sentenz (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd6BBGXf1b0pBoWI5ELecrWY, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 13.3.2024)) schreibt nur n.tj + Gottesname (?: jm.j-H̱rj-ꜥḥꜣ), ist aber wohl mit Gardiner, HPBM III, Text, 73, Borghouts, Mag. Texts, 8 und Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 51 ebenfalls zu n.tj ⟨ẖrj⟩ jm.j-H̱rj-ꜥḥꜣ zu emendieren. Analog dazu ist vielleicht auch in der Chester-Beatty-Parallele zum hiesigen Satz von pTurin (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd1TSbLQcekPspjgxVR61Yhw, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 13.3.2024)) gar nicht „Kem-wer / Athribis der Nekropole“ zu lesen, sondern zum „Großen Schwarzen der Nekropole“ zu verbessern. Die Stelle auf dem Turiner Fragment muss ohnehin in jedem Fall verbessert werden.
pn: Die meisten Bearbeiter dieses Textes und der Parallele auf pChester Beatty VIII verstehen pn als Demonstrativpronomen. Dagegen hat Stegbauer, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/text/JXKQELQJJNCEDHV7NAJLGCJLHI/sentences, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 11.7.2024) das pn als Zweitnomen im Nominalsatz aufgefasst (s. dazu ENG, § 115 und vgl. GEG, § 127.2 für den generellen Gebrauch mittelägyptischer Demonstrativpronomen als Zweitnomen). Diese Funktion würde auf diesem Papyrus besser zur Kombination von pn auch mit femininen Wörtern passen, wie dem mjz.t in vso. 4,5, sofern dort kein Textfehler vorliegt (s. den anschließenden Kommentar). Für diese Interpretation des pn spricht nicht zuletzt die vergleichbare Aufzählung von Körperteilen im späteren pBrooklyn 47.218.138, x+12,2-13,5, wo pn und pw wechseln und beide ebenfalls mit femininen Körperteilbezeichnungen kombiniert werden können (s. Brose, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/text/CQF67LM7VFBQ7NNFAZQKHFOZIA/sentences, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 11.7.2024)).
[mn]ḏr: Sowohl hier wie in der Parallele auf pChester Beatty VIII ist das Wort mit einem d geschrieben, und das Zeichen rechts darunter könnte sowohl ein t als auch ein eng geschriebenes r sein. Im Fall von pChester Beatty VIII hatte Gardiner, HPBM III, Text, 73 mit Anm. 6 offenbar zunächst mnḏ.t: „Wange“ Wb 2, 93.10 = https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/71721, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 15.3.2024)) erwogen, wohingegen Faulkner ihn auf den mnḏr-Körperteil (Wb 2, 94.1-2 = https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/71750, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 15.3.2024)) hinwies. Letzten Endes erschien ihm anscheinend beides als zu unsicher, so dass er in seiner eigentlichen Übersetzung der Stelle nur drei Punkte setzte. Dagegen haben Borghouts, Mag. Texts, 8 und Fischer-Elfert, Altägyptische Zaubersprüche, 51 an das Wort mnḏ: „Brust“ gedacht (Wb 2, 92.11-93.8 = https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/71720, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 15.3.2024)). Für pTurin Cat. 1942 entscheidet sich Roccati, in: Aegyptus 49, 1969, 8 für den mnḏr-Körperteil.
Im vorliegenden Satz sind zuvor drei innere Organe genannt. Daher hat es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass auch der vierte Körperteil ein solches Organ ist, was tatsächlich gegen „Brust“ oder „Wange“ und für den mnḏr-Körperteil spricht, wie auch immer dieser zu identifizieren ist. Nicht zuletzt wurden hierfür aufgrund ähnlicher Überlegungen die Bedeutungen „Gallenblase“ und „Magen“ vorgeschlagen, die aber beide aufgrund der ungenügenden Beleglage als unsicher gelten müssen, s. auch den Wortkommentar zum TLA-Lemma 71750.
Die parallele Satzsequenz auf pChester Beatty VIII, die in eine Folge ganz vergleichbarer Sequenzen mit weiteren Göttern und weiteren Körperteilen des Osiris eingebettet ist, scheint zunächst nicht auszuschließen, dass hier auch ein ganz anderer Körperteil stehen kann. Denn dort bieten die umliegenden Sequenzen ebenso ungewöhnliche Kombinationen von Körperteilen. Allerdings ist auch dort die Lage komplizierter, als sie zunächst scheint:
(1) In vso 4,5 werden ḫpš und mjz.t, „Schlagarm“ und „Leber“, genannt. Jedoch weicht die Schreibung des Rinderschenkels von den üblichen Formen ab, so dass gewisse Zweifel an der Lesung bleiben. Wenn man zudem in pn nicht das Zweitnomen des Nominalsatzes sehen möchte, sondern, wie es die meisten Übersetzer tun, das Demonstrativpronomen, müsste man zudem die Genusinkongruenz zwischen dem maskulinen pn und dem femininen mjz.t erklären. Hier käme bspw. die Option in Betracht, den Genuswechsel vom vordemotischen (tꜣ) mjz.t zum demotischen (pꜣ) mws schon für die Ramessidenzeit zu postulieren. Insgesamt bleibt die Passage daher diskutabel.
(2) In vso 5,3 werden gꜣb.t, sp.tj und šnj, „Oberarm“, „Lippen“ und „Haar“ genannt. Unter der Annahme, dass möglichst semantisch ähnliche Begriffe miteinander kombiniert sind, könnte man überlegen, ob gar nicht gꜣb.t: „Oberarm“, sondern gꜣb.tj: „Wimpernbogen“ (?; zur Bedeutung des Begriffes s. den Kommentar zu sꜣ in Eb 340, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBYCcfv7VTb6gUaMkpAu2l2G3EA, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 15.3.2024)) gemeint ist. Und daran anschließend könnte man überlegen, ob sp.tj: „Lippen“ ein Textfehler sein könnte, umso mehr, als das Wort hier allein mit Gardiner Sign-list D25, den beiden Lippen (𓂏), geschrieben ist, d.h. ohne jegliche Klassifikatoren oder Phonogramme. Könnten hier ursprünglich die jnḥ.wj: „Augenbrauen“ gestanden haben, deren geschwungene Klassifikatoren (evtl. nach einem Wegfall der Phonogramme?) als Lippen uminterpretiert wurden? Infolgedessen könnte an dieser Stelle ursprünglich die semantisch einheitlichere Aufzählung „Wimpernbögen“, „Augenbrauen“ und „Haar“ gestanden haben.
(3) In vso 5,8 werden ns, jr.tj und ꜥšꜥš, „Zunge“, „Augen“ und „Kehle“ genannt. Obwohl nicht unmittelbar zusammengehörig, sind diese drei Organe doch zumindest für das Sehen und Sprechen notwendig, also für zwei wesentliche Mittel der Kommunikation und Orientierung. Darüber ergibt sich also doch ein Tertium comparationis.
(4) In vso 6,6 werden mit ḫpd, ḥn(n), rd.wj und pḥ.wj, „Hinterbacken“, „Penis“, „Beine“ und „Hintern“ anatomisch benachbarte Körperteile aufgezählt. Es verwundert zwar zunächst, wieso der Hintern in Gestalt von ḫpd und pḥ.wj doppelt aufgezählt wird, aber hierfür könnte bspw. ein Streben nach lexikalischer Vollständigkeit zugrunde liegen.
stp.t pn n.t Wsjr: Das Substantiv stp.t meint eigentlich ein „ausgelöstes“ und/oder „auserlesenes“ Fleischstück, wobei normalerweise kein spezifisches Stück gemeint ist. Hier dagegen muss es ein ganz bestimmtes Organ o.ä. sein. Dass damit das „beste Stück“ des Osiris, d.h. sein Phallus, gemeint ist, ist allerdings unwahrscheinlich, weil in der vollständigeren Parallele pChester Beatty VIII gleich mehrere Körperteilaufzählungen mit stp.t pn enden (Gardiner liest jedes Mal ḥp, kann dem aber keinen echten Sinn abgewinnen). Dadurch gewinnt man eher den Eindruck, dass der Begriff metonymisch noch einmal für jeweils zuvor genannten Körperteile bzw. Organe steht.
Persistente ID:
ICQBJ1AnV1bO9EKjriyo0YEah6g
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQBJ1AnV1bO9EKjriyo0YEah6g
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)Lutz Popko, unter Mitarbeit von Svenja Damm, Satz ID ICQBJ1AnV1bO9EKjriyo0YEah6g <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQBJ1AnV1bO9EKjriyo0YEah6g>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 18, Web-App-Version 2.1.5, 26.7.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQBJ1AnV1bO9EKjriyo0YEah6g, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
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