pBM EA 10730, OAD L7(Objekt-ID ARI4NVR7RNEYTGAO2ZR7ZMOZSU)


Persistente ID: ARI4NVR7RNEYTGAO2ZR7ZMOZSU
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/ARI4NVR7RNEYTGAO2ZR7ZMOZSU


Datentyp: Objekt


Objekttyp: Schreibblatt


Material: Papyrus

Maße (H×B(×T)): 147 × 8 cm


Zustand: fragmentarisch

Kommentar zur Materialität

  • Der Text ist nicht vollständig erhalten. Von der ursprünglichen Länge ist ein Teil unbekannter Größe zu Beginn des Textes verloren. Darüber hinaus gibt es einige zerstörte Stellen innerhalb der ersten sechs Zeilen. Der erhaltene Papyrusstreifen hat eine Länge von 147 cm lang und ist 8 cm breit. Es ist schwer zu entscheiden, wie groß der tatsächliche Textverlust zu Beginn ist. Zumindest die Einführung des orakelgebenden Gottes sowie die Vorstellung des Orakelbesitzers sind zu erwarten (Edwards 1960a, 47, wieviel von den eigentlichen Versprechen verloren gegangen ist, kann nicht sicher beurteilt werden. Der Papyrus ist nur auf einer Seite beschriftet. Es handelt sich – wie bei den meisten der Oracular Amuletic Decrees um die Seite, bei der die Fasern vertikal verlaufen (Recto, transversa carta). Der Text wurde zu einem unbekannten Zeitraum auf ein Stück Leinen aufgebracht, von dem er nicht ohne Beschädigung getrennt werden kann (Edwards 1960a, 47). Eine Röntgenuntersuchung hat ergeben, dass das Verso unbeschriftet ist.
  • Es mag zunächst etwas irritieren, dass die Seite des Textes als „Recto“ bezeichnet wird, bei der die vertikalen Fasern oben liegen. Die Oracular Amuletic Decrees sind generell auf sehr schmalen und zum Teil enorm langen Papyrusstreifen notiert worden. Wie haben die Schreiber diese Streifen hergestellt? Die einfachste Methode ist die, einen schmalen Streifen von einer bereits vorbereiteten Rolle abzuschneiden. Edwards hat bei einer Untersuchung der Klebungen Hinweise auf genau dieses Vorgehen festgestellt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii). So konnte er bei einer Reihe von Texten, Klebungen in regelmäßigen Abständen feststellen, die auf eine vorgefertigte Rolle hindeuten. Allerdings erwähnt er auch, dass es Texte gibt, die unregelmäßige Abstände bei den Klebungen aufweisen bzw. aufzuweisen scheinen (ebd.). Daraus zieht er den Schluss, dass es für die Herstellung der OAD keine festgelegte Methode gab, sondern die Schreiber vielmehr das Material verwendeten, das sie gerade zur Hand hatten; seien es Abschnitte einer Rolle, oder anderweitige Streifen, bzw. eine Kombination aus beidem. Als Beispiel eines zusammengestückelten Papyrus führt er insbesondere Papyrus London BM EA 10320 (L4) an (ebd.). Dieser Papyrus beginnt mit einem Stück auf dem neun Zeilen des Textes erhalten sind, bei dem aber die horizontalen Fasern oben liegen Dieses Stück ist an den Streifen mit vertikalen Fasern angeklebt (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, 27). Genau diesen Papyrus möchte ich allerdings als wichtigen Hinweis dafür benennen, dass die Schreiber in der Regel einen schmalen Streifen von einer vorbereiteten Rolle abgeschnitten haben. Das kurze Stück mit dem anderen Fasernverlauf ist doch zweifelsfrei ein sog. Schutzblatt bzw. protocollon zu Beginn einer Papyrusrolle (vgl. Turner, The Terms Recto and Verso, 28–29), das in diesem Fall entgegen der allgemeinen Praxis ebenfalls beschriftet wurde. Die Klebung zeigt zudem deutlich an, dass es sich um das Recto der betreffenden Rolle handeln muss (An dieser Stelle möchte ich Nadine Quenouille für ihre papyrologische Expertise und Einschätzung sehr herzlich danken). Der Schreiber hat also den Streifen von einer neuen Rolle abgeschnitten und dann zur Beschriftung um 90 Grad gedreht. Es handelt sich also papyrologisch um ein „transversa carta“ (Turner, The Terms Recto and Verso, 29; Bülow-Jacobson, in: Oxford Handbook of Papyrology, 21–22), ähnlich wie es bei spätramessidischen Briefen zu beobachten ist (Edwards, HPBM 4, Bd. 1, xii [7] mit Verweis auf Černý, LRL, xvii-xx).


  • Fundort

    • Theben
      Gewissheit: probable
      Ist der ursprünglicher Nutzungsort: Ja
      Kommentar zu diesem Ort: Die genaue Herkunft des Papyrus ist nicht bekannt. Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii) geht bei den Oracular Amuletic Decrees generell von einer Herkunft aus Theben aus, die er vor allem an den in den Texten genannten Göttern festmacht. Der orakelgebende Gott in diesem Text ist nicht erhalten, so dass sich dies für diesen Text nicht im Einzelnen verifizieren lässt. Auch der Name des Amulettbesitzers ist nicht erhalten, doch ist dem Text zu entnehmen, dass er als General in die Armee eines Königs Osorkon eintreten soll. Unabhängig davon, um welchen Osorkon (s. 5.1) es sich handelt, kann dies als Indiz für eine Herkunft aus Theben gewertet werden.


Aktueller Ort

  • British Museum
    Inventarnummer(n): BM EA 10730
    Ist an diesem Ort: Ja
    Kommentar zu diesem Ort:
    Der Papyrus wurde im Jahr 1949 in zwei Teilen von F. Parrott an das British Museum verkauft. Es sind keine näheren Umstände zum Ankauf und zur Herkunft des Textes und keine weiteren Informationen zum Verkäufer10730 bekannt, mit der Ausnahme, dass es sich um einen Mann handelt. Die Tatsache, dass er nur dieses eine Stück verkaufte, könnte auf eine Privatperson hinweisen.


Datierung: 21. Dynastie  –  22.–23. Dynastie

Kommentar zur Datierung:

  • Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiii–xiv) geht von einer Datierung des gesamten Korpus der Amulettpapyri mit Orakeldekreten in die 22./23. Dynastie aus. Einzig der hier vorliegende Text (L7: pBM EA 10730) liefert einen Hinweis auf die Datierung, denn er ist für einen Prinzen und zukünftigen General in der Armee eines Königs Osorkon geschrieben, bei dem es sich nach Edwards (HPBM 4, Bd. 1, xiv) und Ritner (Libyan Anarchy, 74) vermutlich um Osorkon I. handeln dürfte, während Jacquet-Gordon (in: Gs Sauneron I, 175, n. 5; Ead., in: BiOr 20, 1963, 32) und ihr folgend Verhoeven (Buchschrift, 13) von Osorkon II. ausgehen. Diese Datierung basiert auf Textparallelen im Text auf einer Statue aus Tanis (Kairo CG 1040 + CG 881 + Philadelphia E 16159: s. Jacquet-Gordon, in: JEA 46, 1959, 23), die ursprünglich für Sethos I. angefertigt und für Osorkon II. wiederverwendet und neu beschriftet wurde (s. Sourouzian, in: FS Gaballa, 97–105). Der Text L7 wäre also in die 22. Dynastie, oder für den Fall, dass es sich ungeachtet der Parallelen doch um einen späteren Osorkon handeln würde, spätestens in die 23. Dynastie zu datieren. Nach Koenig (in: CRIPEL 9, 1987, 31) ist aufgrund der Paläographie sowie spezifischer Schreibungen mindestens für einen Teil der Texte, den hier bearbeiteten nicht mit eingeschlossen, eine Datierung in die 21. Dynastie anzunehmen.


Besitzer: Privatperson


Bibliographie

  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom I. Text. London 1960, 47–51. [*Ü, *K]
  • – I. E. S. Edwards. Hieratic Papyri in the British Museum. Fourth Series: Oracular Amuletic Decrees of the Late New Kingdom II. Plates. London 1960, pl. XVI–XVII. [*T, *F]
  • – R. K. Ritner. The Libyan Anarchy. Inscriptions from Egypt’s Third Intermediate Period. Atlanta 2009, 74–76 [Ü].
  • – E. Bresciani. Letteratura e poesia dell’antico Egitto. Cultura e società attraverso i testi. Neuauflage Turin 1999, 556–557 [Ü].
  • – T. G. Wilfong. The Oracular Amuletic Decrees: A Question of Length. In: JEA 99 2013, 295–300. [K]
  • – A. Grams. Der Gefahrenkatalog in den Oracular Amuletic Decrees. In: SAK 46, 2017, 55–100. [K]
  • – A. Roß. Der Schutz von Kindern im alten Ägypten. Die religiösen und soziokulturellen Aspekte der Oracular Amuletic Decrees. Gm Beihefte 17, Göttingen 2019. [K]


Digitale Verweise

Trismegistos 381254

Datensatz-Protokoll

  • Ersteingabe: Anke Blöbaum, 24. März 2022


Autor:innen: Anke Blöbaum; unter Mitarbeit von: Lutz Popko
Datensatz erstellt: 24.03.2022, letzte Revision: 12.10.2023
Redaktionsstatus: Verifiziert

Bitte zitieren als:

(Vollzitation)
Anke Blöbaum, unter Mitarbeit von Lutz Popko, "pBM EA 10730" (Objekt-ID ARI4NVR7RNEYTGAO2ZR7ZMOZSU) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/ARI4NVR7RNEYTGAO2ZR7ZMOZSU>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 18, Web-App-Version 2.1.3, 16.5.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/ARI4NVR7RNEYTGAO2ZR7ZMOZSU, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)