Satz ID ICQAWQl9QL2zTkrXgPQ7AsjEcA0



    verb_2-lit
    de ignorieren

    SC.act.ngem.2sgm
    V\tam.act:stpr

    personal_pronoun
    de [Suffix Pron. sg.2.m.]

    (unspecified)
    -2sg.m

    personal_pronoun
    de mich [Enkl. Pron. sg.1.c]

    (unspecified)
    =1sg

    verb_3-lit
    de werden

    PsP.1sg
    V\res-1sg

    preposition
    de zu (etwas werden)

    (unspecified)
    PREP

    verb_3-lit
    de besprengen (mit Flüssigkeit)

    Partcp.pass.ngem.sgm
    V\ptcp.pass.m.sg

de Du (?) sollst mich (?) ignorieren, (weil?) ich (?) zu einem (mit Wasser) Benetzten geworden bin (?).

Autor:innen: Lutz Popko (Textdatensatz erstellt: 28.02.2024, letzte Änderung: 25.09.2024)

Kommentare
  • ḫm kwj ḫpr kwj: Weill, in: Fs Champollion, 656 und 658, Anm. h und i, geht in beiden Fällen davon aus, dass kwj eine Stativ-Endung ist:
    (1) ḫm.kwj übersetzt er mit „Je suis ignoré“. Sowohl (a) Diathese als auch (b) Tempus erfordern jedoch eine Diskussion:
    (a) Als transitives Verb ist für einen Stativ ḫm.kwj tatsächlich eine passivische Übersetzung zu erwarten. Nun führt EAG, §588 als einzige Grammatik in den Abschnitten zum Stativ einen Beleg mit ḫm auf und nimmt, wie bei dessen affirmativem Pendant rḫ, eine aktivische Bedeutung an: ḫm.w(j)n mjni̯ m hw.t=f: „wir kennen keinen, der bei seiner Arbeit gestorben wäre“. Dagegen schlägt Peust, in: SAK 35, 2006, 240 hierfür eine Übersetzung als Adjektivalsatz vor: ḫm.w(j) n mjni̯ m hw.t=f: „Wie unbekannt ist uns doch einer, der bei seiner Arbeit gestorben wäre.“ Auf Seite 221 betont Peust zudem explizit, dass rḫ das einzige transitive Verb sei, dessen Stativ aktive Bedeutung habe. Doch auch andere Belege für ein ḫm im Stativ könnten aktivisch interpretiert werden, bspw. Sinuhe § Koch 11: jn-jw nṯr ḫm šꜣ.wt: „Weiß Gott (etwa) nicht, was bestimmt ist?“ (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd1cVOPmzE0V2lYFzreEXHzg, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 31.1.2024)) oder PT 667B: sḫm ḫm.tj ski̯.w: „Sei mächtig, sei unvergänglich!“ (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd0LMTEQGKE6lltFXQDJ7N5Y, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 31.1.2024)). Aus diesem Grund ist es nicht sicher, dass in pKairo JE 52000 eine passive Aussage vorliegt.
    (b) Ungeachtet der Frage, ob die Form aktivisch oder passivisch ist, wäre die Aussage auf jeden Fall präterital aufzufassen, vgl. Schenkel, Einführung 2012, 236 oder Brose, Grammatik der dokumentarischen Texte, § 248. Nun ist die vorliegende Passage nicht etwa Teil einer Historiola, sondern würde bei einer passiven Bedeutung bereits die Identifizierung des Betroffenen oder des Magiers (Letzteres: Weill) einleiten. In dem Falls stellte sich die Frage, warum und von wem der Sprecher ignoriert wird.
    Aus diesen Gründen wird hier die Lesung als aktivisches ḫm=k wj vorgeschlagen. Angesprochen wäre das Gifttier. Zweifel an diesem Vorschlag sind zugegebenermaßen angebracht, da im vorherigen Spruch ein grammatisch feminines Gifttier als Adressat vorgeschlagen wurde, während nun hier ohne explizite Markierung in der Überschrift ein grammatisch maskulines Gifttier vorausgesetzt wird.
    (2) Dieselbe Frage, ob Stativ oder sḏm=f, stellt sich auch bei dem folgenden ḫpr. Da dieses allerdings intransitiv ist, müsste man im letzteren Fall entweder zu ḫpr=k {wj} emendieren, oder man müsste =kwj als Schreibung für =k ansehen. Eine solche Schreibung ist im Neuägyptischen belegt (s. ENG, § 65), nicht jedoch im vorliegenden Papyrus, in dem dieses Pronomen sonst immer nur =k geschrieben ist. Man könnte allenfalls eine Echoschreibung postulieren, also einen Fehler aufgrund des unmittelbar vorangehenden ḫm=k wj. Oder sollte hier doch ein Stativ vorliegen und ein bewusstes Spiel mit dem vorangegangenen *ḫm=k wj vorliegen?
    Die Entscheidung, ob Stativ oder sḏm=f vorliegt, ist in diesem Fall noch schwerer zu treffen als im vorigen, weil die Aussage der anschließenden Adverbiale unklar ist.

    ntš.w: Weill, in: Fs Champollion, 656 transliteriert die Klassifikatoren als Kreuz und laufende Beinchen über Pluralstrichen und übersetzt ebd. mit „ceux qui barbotent“. In der zugehörigen Anm. h auf Seite 658 gibt er an, dass er das Wort als Beleg für ntš: „éclabousser“ sehe (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/90100, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 4.1.2024)). Das Kreuz und die laufenden Beinchen erklärt er damit, dass man hier wohl an „éclabousser dans la fange, en marchant“ denken sollte. An dasselbe Wort denkt auch Rogers, in: Mora Riudavets et al., Current research in Egyptology 2019, 188: „those who dabble“. Beide vermuten, dass der Sprecher unter diesen Personen entstehe oder in diesen Personenkreis gerate, d.h. sie denken bei der Präposition in ḫpr m ntš.w am ehesten an Wb 3, 261.15-18: „zu (einer Person x) werden“ oder an Wb 3, 262.5: „an einen Ort geraten“.
    Wb hat dagegen dieses Wort ntš.w als eigenes Lemma aufgenommen (2, 357.1; die Datierung „Sp[ätzeit]“, die Wb diesem und anderen Wörtern aus diesem Text gibt, ist irreführend) und vermutet „Ohnmachtszustand o.ä.“.
    Es müsste allerdings am Original geprüft werden, ob Weills Lesung des Wortendes korrekt ist. Der kleine Haken, den er vermutlich als hinteren Fuß der laufenden Beinchen interpretierte, ist vielleicht nur das Ende des k-Korbes des anschließenden jnk. Infolgedessen könnte sich fragen, ob statt laufenden Beinchen über Pluralstrichen vielleicht eher der schlagende Mann zu lesen wäre, auch wenn das, was dann die Fußpartie wäre, einen Haken zu viel besitzt (sofern das nicht ein falscher Eindruck des Fotos ist). Das würde Weills Vorschlag, hierin nur einen weiteren Beleg für ntš: „besprengen“ zu sehen, weiter unterstützen. Dieses Verb wird nämlich oft mit dem schlagenden Mann klassifiziert. In anderen frühen Texten, wie dem pEbers, stehen zwar davor meist noch drei Wasserlinien. Eine Klassifizierung mit Kreuz und schlagendem Mann – also wie hier – findet sich dann aber bspw. im ramessidenzeitlichen pBerlin P 3038, https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/token/IBcAUZTYDvcFO0I9uiYNATUgfWY.
    Dessen ungeachtet bleibt die Aussage des Satzes unklar. Das „Besprengen“ des Hauses mit verschiedenen Ingredienzien ist in spätzeitlichen Texten ein Mittel zur Abwehr von Schlangen und Skorpionen. In älterer Zeit ist dagegen bislang nur das Besprengen des Hauses zur Abwehr von Flöhen im Rezept Eb 840 belegt. In einer leider partiell zerstörten und daher unklaren Stelle im Rezept L6 des London Medical Papyrus, Zeile 3,4 wird der Patient im Zuge seiner Behandlung „besprengt“ (https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/IBUBd6NK5TxJbUaAhNWFoY39C30, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: 3.2.2024)).
    Weiter unten in pKairo JE 52000, in Zeile 4,7, dürfte mit pri̯.kwj m mw eine Anspielung auf die Initiation des Heilers oder des Patienten vorliegen (s. den Kommentar zur Stelle). Könnte das ntš in Zeile 4,3 in denselben Kontext gestellt werden? So, wie die Aussage pri̯.kwj m mw das Ende dieses Aktes der Initiation anspricht, könnte ḫpr.kwj m ntš.w auf dessen Anfang anspielen. Gleichzeitig ergäbe sich damit ein inhaltlicher Link zu der anschließenden Identifizierung des Heilers/Patienten mit dem krokodilgestaltigen und daher im Wasser befindlichen Gott Sobek.

    Autor:in des Kommentars: Lutz Popko; Datensatz erstellt: 05.03.2024, letzte Revision: 05.03.2024

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Lutz Popko, Satz ID ICQAWQl9QL2zTkrXgPQ7AsjEcA0 <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/sentence/ICQAWQl9QL2zTkrXgPQ7AsjEcA0>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 18, Web-App-Version 2.1.5, 26.7.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
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