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ḏrḏ: Immer nur abgekürzt mit dem Kuhohr geschrieben. Anfangs jdn gelesen, weil es etwa in der Wortfamilie jdn: „vertreten“, jdn.w: „Stellvertreter“ als Klassifikator oder Phonogramm dienen kann, s. Stern, in: Ebers, Papyros Ebers, Bd. 2, 7 und Brugsch, Wb V, 163. Die Lesung ḏrḏ beruht auf pBerlin P 3038, vso. 3,7, einem Nachtrag von anderer Hand als der übrige Text, s. DZA 31.687.250. Ein mögliches demotisches Derivat davon ist das Wort tt.w in pWien D 6257, Hoffmann, in: Vleeming, Orthography, 34.
Zur Bedeutung:
(1) Ebers, Kapitel über die Augenkrankheiten, 210-212, Anm. 23 schlägt, vor dem Vergleich der Kollokation ḏrḏ n šnḏ.t: „ḏrḏ der Nil-/Dornakazie“ im Augenbuch mit der Verwendung von Gummiharz der Akazie gegen Augenkrankheiten bei Dioskurides, vor, in ḏrḏ (von ihm noch jdn gelesen) ein Harz zu sehen. Da in Eb 779 auch Pulver von ḏrḏ n šnḏ.t genannt wird und die gesamte Gruppe ḏrḏ n šnḏ.t mit dem Mineralienklassifikator (Gardiner Sign-list N33) geschrieben werden kann, hält er auch eine Identifikation mit getrockneten Harzkörnern für möglich. Bestätigung für die Deutung als Harz sieht er darin, dass auch ḏrḏ von Sykomoren und von ꜥr.w-Bäumen (von ihm als Terebinthe identifiziert) genutzt wird und sich, dem vergleichbar, unter den Drogen des Dioskurides auch Milchsaft der Sykomore und Terebinthenharz genannt finden. Schließlich vergleicht er das ḏrḏ des logographisch mit dem Baum geschriebenen jꜣm-Baumes mit einer Flüssigkeit, die ebenfalls logographisch mit dem Baum sowie mit Krug-Klassifikator geschrieben ist (wobei diese Flüssigkeit dank zahlreicher Pleneschreibungen sicher als bꜣq zu lesen ist). Ebers’ Deutungsvorschlag dürfte die Basis für die Übersetzung als „Harz“ bei Joachim, Papyros Ebers, passim und auf DZA 31.687.220 sein.
(2) Loret, in: RecTrav 15, 1893, 119-122 und Loret, Flore, 87-89 will in ḏrḏ eine Bezeichnung für „Hülsen, Schoten“ („gousse“) im Allgemeinen und die Schoten des Johannisbrotbaumes im Besonderen sehen; er vergleicht es dazu mit koptisch ϭⲁⲣⲁⲧⲉ: „Schote“ und vermutet darin auch den Ursprung von griechisch κεράτιον, lateinisch ceratonia und sogar dem französisch-dialektalem „Carouge“. Außerdem verbindet er es mit der Pflanzenbezeichnung dnrg (Wb 5, 470.4) sowie dem Wort ṯrk (Wb 5, 384.9); und weil Letzteres in pAnastasi IV, 12,1 als Getränk erscheint, vermutet er in RecTrav 15, 120 in ḏrḏ nicht zuletzt auch „une espèce de liqueur“. Seinen Vorschlägen der Wortentlehnung hat Keimer, Gartenpflanzen, Bd. 2, 16-17 zu Recht heftig widersprochen, und auch die Identifizierung von ḏrḏ als Hülse lehnt er ab, da in den medizinischen Texten auch ḏrḏ von Bäumen verwendet wird, die keine Hülsenfrüchte tragen, wie etwa Zizyphus, Sykomore und Weide. Keimer äußert sich vorsichtig nur soweit, dass ḏrḏ „irgend einen Teil an verschiedenen Bäumen bezeichnet“.
(3) Wohl inspiriert von Loret, jedenfalls seinen Artikel in RecTrav 15 nennend, sieht Jéquier, in: BIFAO 19, 1922, 37 „sans doute“ den Saft aus Kernen oder Samen. Darauf basiert möglichweise das „juice“ von Ebbell, Papyrus Ebers, passim. Und obwohl in DrogWb, 602 Ebbells Übersetzung als „unklar“ abgelehnt wird, halten von Deines und Grapow es ebd. für denkbar, dass spezifisch das ḏrḏ n šnḏ.t dem ⲁⲕⲁⲕⲓⲁ(ⲥ) der koptischen medizinischen Texte entspricht, dem eingedickten Saft der Schoten und Blätter der Akazie (Till, Arzneikunde der Kopten, 45).
(4) Die erwähnte singuläre Pleneschreibung in Bln 204 ermöglichte den Vergleich mit dem ebenfalls singulären Wort ḏrḏr aus dem Grab des Eje in Amarna, das in dem Parallelismus „Federn der Vögel und ḏrḏr.w der Bäume“ steht und daher recht naheliegend mit „Blatt“ übersetzt wird. Die Übersetzung „Blatt“ wird seitdem favorisiert, vgl. schon GEG, S. 463, Sign-list F21; Lefebvre, Essai sur la médecine égyptienne, 55, Anm. 5; Jonckheere, Papyrus médical, passim; Charpentier, Recueil, § 1515; DrogWb, 602; Grundriß der Medizin IV/1, passim; Westendorf, Handbuch Medizin, passim; Bardinet, Papyrus médicaux, passim u.a. Das semantische Verhältnis zu anderen Bezeichnungen für „Blätter“, etwa gꜣb.t, wäre noch zu klären.
(5) Breasted, pEdwin Smith, Vol. 1, 380 folgt zwar weitgehend dem Vorschlag (4), weist aber darauf hin, dass diese Bedeutung nicht völlig gesichert ist und dass die Rinde (cortex), speziell die Rinde der Weide (bezugnehmend auf die Droge ḏrḏ n ṯr.t), ein viel wirksameres Heilmittel sei als die Blätter. Auf Breasteds alternative Erklärung neben der als „Blätter“ weist jedenfalls auch Keimer, in: BIFAO 31, 1931, 194 hin.
Zur Syntax:
In der Regel wird ḏrḏ in den medizinischen Texten nicht allein genannt, sondern im Genitivverhältnis zu einer Pflanzenbezeichnung. In Eb 52, dem ersten Beleg im pEbers, stehen unter dem Logogrammstrich von ḏrḏ deutliche Pluralstriche, so dass dort ein direkter Genitiv ḏrḏ.w šnḏ.t vorliegt. Regelhaft steht im pEbers an dieser Stelle aber eine einfache waagerechte Linie, die üblicherweise als Schreibung der Genitivnisbe n(.j) interpretiert wird, weshalb das logographische Blatt und der Logogrammstrich singularisch als ḏrḏ aufzufassen sind. Nur dann, wenn zwischen ḏrḏ + Logogrammstrich und der folgenden Baumbezeichnung nicht eine, sondern zwei waagerechte Linien stehen, wird die erste Linie wieder als Pluralstriche interpretiert und die zweite als Genitivnisbe. Diese unterschiedliche Interpretation der waagerechten Linie mal als Pluralstriche, mal als Genitivnisbe, zeigt sich bspw. in Eb 210. Dort werden neben anderen Drogen auch „ḏrḏ der Dornakazie (šnḏ.t)“, „ḏrḏ des Christusdorns (nbs)“ und „ḏrḏ der Sykomore (nh.t)“ (pEbers 43, 12-13) genannt. Während bei den „ḏrḏ der Dornakazie (šnḏ.t)“ nur eine waagerechte Linie steht, stehen bei den „ḏrḏ des Christusdorns (nbs)“ und den „ḏrḏ der Sykomore (nh.t)“ zwei Linien (bzw. genau genommen drei, wobei die letzte das jeweils initiale n der beiden Baumbezeichnungen nbs und nh.t ist); und sowohl Wreszinski, Papyrus Ebers, 64 als auch Grundriß der Medizin V, 176 transkribieren die vereinzelte Linie unter dem Logogrammstrich im ersten Fall als n, im zweiten Fall als Pluralstriche, wodurch sich im ersten Fall ein singularisches ḏrḏ n šnḏ.t ergibt, und in den beiden anderen ein pluralisches/kollektives ḏrḏ.w n nbs und ḏrḏ.w n nh.t. Nur Lalanne/Métra, Texte médical du Papyrus Ebers, 90 transkribieren die Linie unter dem Logogrammstrich in allen drei Fällen indifferent als Pluralstriche und erhalten somit ein ḏrḏ.w šnḏ.t im direkten Genitiv und ḏrḏ.w n nbs sowie ḏrḏ.w n nh.t im indirekten Genitiv. Tatsächlich wäre zu prüfen, ob die waagerechte Linie bei ḏrḏ im pEbers nicht grundsätzlich als Pluralzeichen aufzufassen ist. Dies würde bedeuten, dass konträr zur bisherigen Auffassung ḏrḏ(.w) fast immer im direkten Genitiv steht und nur die Fälle, in denen ein weiteres n$ folgt, als indirekter Genitiv zu analysieren sind. Aus pragmatischen Gründen wurde im TLA bislang der Interpretation von Wreszinski und dem Grundriß der Medizin gefolgt.
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