pBrooklyn 47.218.49(Objekt-ID XFLFCTJ3TZHW7BSAIZSNYP4LD4)


Persistente ID: XFLFCTJ3TZHW7BSAIZSNYP4LD4
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/XFLFCTJ3TZHW7BSAIZSNYP4LD4


Datentyp: Objekt


Weitere Bezeichnungen

  • Royal Book of Protection


Objekttyp: Schriftrolle


Material: Papyrus

Maße (H×B(×T)): 18.5-21.2 × 221 cm


Zustand: fragmentarisch


  • Fundort

    • (unbekannt)
      Gewissheit: certainty
      Kommentar zu diesem Ort: Elephantine (?). Die exakten Fund- und Herkunftsumstände des Konvoluts der 47.218er Brooklyner Papyri waren lange Zeit unbekannt. S. Sauneron zog für 11 von ihm entrollte hieratische Papyri (darunter ebenfalls der hier zu besprechende pBrooklyn 47.218.49) in Erwägung, dass sie aus dem gleichen Fundkontext stammen könnten: „Although their place of origin is not yet known, we can now assume that most of these papyri came from the same source, undoubtedly a vase containing the scientific and religious archives of a temple or a sanatorium.“ (Sauneron 1968–1969, 109). Auf der Grundlage interner Textverweise auf Götter und Rituale, die mit Heliopolis und Memphis in Verbindung stehen, vermuteten S. Sauneron und J.-C. Goyon eine lokale Zuordnung zum Tempelarchiv von Heliopolis (Sauneron 1970, VIII–IX; Goyon 1972, 13–16). Heute weiß man, dass die Papyri der Brooklyner 47.218er Gruppe in den 1940er Jahren in einem großen Reisekoffer von Charles Wilbour wiederentdeckt wurden, aufbewahrt in Metallkisten oder in Papier eingerollt, wobei einige Rollen mit „Elephantine, Feb. 1896“ beschriftet waren. Wilbour hat zumindest einen Teil von ihnen also im Februar 1896 während seines letzten Aufenthalts in Ägypten (Herbst 1895 – Frühling 1896) auf Elephantine erworben. Außerdem konnten von einem anderen Papyrus der Gruppe, dem magischen Papyrus Brooklyn 47.218.156, direkt anpassende Fragmente in Berlin gefunden werden, die aus den Grabungen von Friedrich Zucker und Otto Rubensohn in den Jahren 1906–1908 auf Elephantine stammen (Guermeur 2015–2016, 15–16; O’Rourke 2015, 17). Die Gruppe der 47.218er Papyri bildet allerdings keine Einheit, denn sie erstreckt sich chronologisch vom Alten Reich bis in die Byzantinische Zeit und enthält Texte in hieratischer, demotischer, griechischer, aramäischer und lateinischer Schrift bzw. Sprache. Sie wurde also nicht in ihrer Gesamtheit als geschlossener Fund entdeckt und kann aus inhaltlichen Gründen nicht einmal aus einem einzigen Ort stammen. Ein römerzeitlicher Berliner griechischer Papyrus gehört mit einem Brooklyner Papyrus zusammen (TM 10288: pBerlin P 25513 und pBrooklyn 47.218.24) und enthält Quittungen für die Kamelsteuer in Soknopaiu Nesos im Fayum. Es ist nicht einmal sicher, ob alle hieratischen Texte des Konvoluts zusammengehören. Der saitische Orakelpapyrus pBrooklyn 47.218.3 mit einem Orakelverfahren vor Amun-Re in Anwesenheit von vielen unterschreibenden Zeugen muss aus inhaltlichen Gründen aus Theben stammen. U. Verhoeven-van Elsbergen beobachtet bei ihrer paläographischen Untersuchung zum Papyrus Brooklyn 47.218.48 und 85, dass einige Zeichenformen, wie z.B. T 28, ausschließlich in der Region zwischen Abydos und Memphis belegt sind (Verhoeven-van Elsbergen 2001, 305). Die im pBrooklyn 47.218.49 zusammengestellten Sprüche zum Schutz der Ohren Pharaos bzw. Psammetichs, weisen Ähnlichkeiten mit einer Sequenz von saitischen Inschriften in der Krypta B’ des Tempels der Nechbet in Elkab auf. Doch als Argument für eine sichere Verortung der Handschrift ist dieser Befund nicht ausreichend. Auch für eine Zugehörigkeit zu der aus Elephantine stammenden Gruppe, finden sich in Bezug auf diese Handschrift außer Ähnlichkeiten in Schrift und Vokabular keine sicheren Hinweise (O’Rourke 2015, 10, 17).


Aktueller Ort

  • The Brooklyn Museum
    Inventarnummer(n): 47.218.49
    Ist an diesem Ort: Ja
    Kommentar zu diesem Ort:
    Der Papyrus gehört zu einer Gruppe von Papyri, die von Charles Edwin Wilbour (1833–1896) während seiner Aufenthalte in Ägypten zwischen 1881 und 1896 angekauft wurden, wobei die Hintergründe des Erwerbs unbekannt sind (O’Rourke 2015, 1). Nach dem Tod von Wilbour in Paris, wo er seit 1874 oder 1875 gelebt hatte, gelangten die Papyri von dort nach New York, wo sie in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts im Haus der Familie in einem Reise- oder Schrankkoffer wiedergefunden wurden. Bereits im Jahr 1916 übergaben C. Wilbours Kinder neben seiner Sammlung an ägyptischen Objekten, dessen ägyptologische Bibliothek sowie zahlreiche persönliche Dokumente an das Brooklyn Museum in New York. Im Jahr 1932 gründete sein Sohn Victor den Charles E. Wilbour Fund zur finanziellen Unterstützung der ägyptischen Sammlung des Museums beim Ankauf von Objekten. Die Papyri wurden schließlich von Theodora Wilbour, der Tochter C. Wilbours, im Jahre 1947 ebenfalls an das Brooklyn Museum übergeben (Sauneron 1966–1967, 98; Sauneron 1968–1969, 109; Westendorf 1999, 51). J.D. Cooney inventarisierte die unausgerollten Papyruspakete und Metallkästchen mit Fragmenten in 158 Einheiten unter der Nr. 47.218.xxx (Guermeur, 2015–2016, 13–16). Von einer ersten Inspektion des Papyrus’ mit der Nummer 47.218.49 durch G. Posener im Jahr 1952 gibt es nicht mehr als die Information, dass es sich um „a badly damaged papyrus roll“ handele (O’Rourke 2015, 2). Die Papyrus-Rolle lagerte zunächst im Magazin des Brooklyner Museums bis S. Sauneron den Papyrus bei seinem ersten Aufenthalt 1966 entrollte und die Fragmente in Glasrahmen setzte (Guermeur 2012, 542; O’Rourke 2015, 1; Sauneron 1966–1967, 98, 100). Im Zuge der Bearbeitung durch O’Rourke wurden die insgesamt 12 Fragmente in sechs Glasrahmen neu arrangiert und nummeriert (Rahmen: a bis f; Fragmente: 1 bis 12; Kolumnen: x+1 bis x+14, s.O’Rourke 2015, 2–3). Der Papyrus wird heute unter der genannten Kennung im Brooklyn Museum aufbewahrt, ist jedoch nicht Teil der Ausstellung.


Datierung: 26. Dynastie

Kommentar zur Datierung:

  • Die Datierung stützt sich auf Argumente, die Paläographie, Inhalt und Kontext der Handschrift berücksichtigen. Die Schrift des pBrooklyn 47.218.49 passt in ihrem allgemeinen Erscheinungsbild gut zu dem, was aus anderen spätzeitlichen hieratischen Papyri bekannt ist, weist jedoch im Detail deutliche Unterschiede auf. Ein Vergleich der Paläographie zeigt eine Nähe zu saitenzeitlichen Totenbüchern (Tb Nespasef [Zeit Psammetich I.] und Iahtesnacht [Mitte der 26. Dyn., ca. 600 v. Chr.]: O’Rourke 2015, 8, Tab. 1). Hinzu kommt, dass der Text, der Schutzsprüche für die Ohren von einem Psammetich bzw. Pharao genannten König zusammenfasst, inhaltlich und strukturell Ähnlichkeiten mit Inschriften von Psammetich I. in der Krypta B’ des Tempels der Nechbet in Elkab hat. Auch wenn sich der im Text verwendete Name nicht eindeutig Psammetich I. zuordnen lassen kann und ebenfalls die Möglichkeit besteht, dass es sich um eine jüngere Abschrift der Sprüche handeln könnte, ist der Bearbeiter Paul F. O’Rourke von einer Datierung sowohl der Textkomposition als auch der konkreten Abschrift in die Regierungszeit von Psammetich I. überzeugt (O’Rourke 2015, 6–16).


Besitzer: König


Kultureller Kontext: Zauber


Kommentar zum kulturellen Kontext

  • Der Papyrus enthält eine Sammlung von Texten, die den Schutz der Ohren Pharaos zum Thema haben. Insgesamt handelt es sich um 17 Sprüche, die in Umfang und Inhalt stark variieren, eine interne Struktur bzw. ein Ordnungssystem der Sprüche ist nicht erkennbar. Der Schreiber benutzt den Namen Psammetich in Kartusche sowie den Begriff „Pharao“ (pr-ꜥꜣ), der in der Regel ohne Kartusche, allerdings gelegentlich ebenfalls in eine Kartusche einschrieben ist. Der Wechsel des Namens sowie weitere Indizien, wie Inkonsistenzen in Orthographie und Grammatik, sprechen dafür, dass es sich um eine Kompilation von Sprüchen handelt. Die zusammengestellten Sprüche wirken apotropäisch, verfolgen aber ebenfalls einen therapeutischen Ansatz und sind somit denjenigen Texten zuzuordnen, die als „magisch-medizinisch“ bezeichnet werden. Die Grenzen zwischen Magie und Medizin verschwimmen hier, indem die Ursachen von Symptom und Krankheit nicht im medizinischen Sinne verstanden werden, sondern die Rolle von Handlungsträgern einnehmen, die Schmerz und Krankheiten evozieren. Dabei beschränken sich die Einzeltexte nicht nur auf das Ohr. Auch Kopf, Herz, Gliedmaßen sowie der ganze Körper finden Erwähnung.
  • Es stellt sich die Frage, ob die Kompilation der Sprüche aus einem konkreten Anlass speziell für König Psammetich I., oder eventuell für eine andere Person erfolgt ist, oder ob mit der Zusammenstellung ein mehr „akademisches“ Interesse verfolgt wurde, d.h. alle bekannten Schutzsprüche mit Bezug zum Ohr in einer Handschrift zu versammeln. Da der weitere Kontext, in dem der Papyrus verwendet wurde, nicht bekannt ist, muss diese Frage unbeantwortet bleiben.
  • Der Papyrus gehört zu einer Gruppe von Papyri, die teils von Charles Wilbour angekauft wurden, teils bei Grabungen zutage kamen. Im Rahmen des ERC-Projekts „Elephantine: Localizing 4000 Years of Cultural History. Texts and Scripts from Elephantine Island in Egypt“ wird aktuell eine Bestandsaufnahme des Materials vorgenommen. Erst danach können Vermutungen über den ursprünglichen Verwendungskontext des Papyrus angestellt werden. Die bislang bekannt gewordenen medizinischen Papyri in Brooklyn aus dem gleichen Materialfund sind der iatromagische Geburtshilfe-Papyrus (47.218.2), ein Papyrus, der sowohl Rücken- und Afterbeschwerden als auch Frauenbeschwerden enthält (47.218.75+86), ein Papyrus zu Mund- und Zahnbeschwerden (47.218.87) und ein Papyrus mit Frauenproblemen der Geschlechtsorgane (47.218.47). Außerdem gibt es ein Schlangentraktat (47.218.48+85) sowie einen Text zu Schlangenbissen (47.218.138), magische Papyri (47.218.156), Königsrituale (47.218.50), geographische Texte (u.a. der Deltapapyrus 47.218.84) und ein Weisheitsbuch (47.218.135). Der in Berlin aufbewahrte medizinische Papyrus Rubensohn (pBerlin P 10456) (Westendorf 1974, 247–254) könnte zum gleichen spätzeitlichen Fund gehören. Einige Texte der 47.218er Papyri gehören anscheinend nicht zur großen Gruppe der vorgenannten Texte, wie ein thebanischer Orakelpapyrus aus der Saitenzeit (47.218.3) und ein Brief aus dem Alten Reich (47.218.18). S. Sauneron mutmaßt als ursprünglichen Verwendungskontext einerseits die berufliche Bibliothek eines Vorlesepriesters oder eines Dorfmediziners, andererseits die Bibliothek eines religiösen Zentrums, nicht so sehr die eines Tempels, als eher die einer Kapelle von Heilern/Heilgöttern, eines Sanatoriums oder Lebenshauses (Sauneron 1970, viii). Goyon vermutet für die verschiedenen Papyri ebenfalls eine Herkunft aus einer Tempelbibliothek, einem Lebenshaus oder der Bibliothek eines Magiers (Goyon 1972, 13 mit Anm. 4).


Bibliographie

  • - O'Rourke, Paul F., A Royal Book of Protection of the Saite Period. pBrooklyn 47.21849, YES 9, New Haven CT 2015 [*P,*T,*Ü,*K,*B,*U]


Digitale Verweise

Trismegistos 754989

Hierarchiepfad(e):


Datensatz-Protokoll

  • Ersteingabe A. Blöbaum 28. September 2017
  • Korrektur P. Dils, eingegeben von A. Blöbaum 27. Februar 2019


Autor:innen: Anke Blöbaum; unter Mitarbeit von: Peter Dils, Altägyptisches Wörterbuch, Lutz Popko
Datensatz erstellt: 28.09.2017, letzte Revision: 27.09.2021
Redaktionsstatus: Verifiziert

Bitte zitieren als:

(Vollzitation)
Anke Blöbaum, unter Mitarbeit von Peter Dils, Altägyptisches Wörterbuch, Lutz Popko, "pBrooklyn 47.218.49" (Objekt-ID XFLFCTJ3TZHW7BSAIZSNYP4LD4) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/XFLFCTJ3TZHW7BSAIZSNYP4LD4>, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 18, Web-App-Version 2.1.2, 24.11.2023, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/object/XFLFCTJ3TZHW7BSAIZSNYP4LD4, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)