Beschreibung

• Die Szenen der Procession géographique befinden sich umlaufend auf allen Seiten im 1. Register der Außenwand der Chapelle Rouge der Hatschepsut. Sie ist nur in Fragmenten erhalten, nach der aktuellen Rekonstruktion vor Ort, die bei Burgos/Larché, La Chapelle Rouge I wiedergebeben ist, sind noch 22 von 42 Blöcken erhalten, vgl. dazu die schematischen Skizzen der Außenseiten bei Burgos/Larché, La Chapelle Rouge I, 44, 96, 130, 148. Teilweise bestehen große Lücken zwischen den erhaltenen Segmenten. Die Bilder und Hieroglyphen sind in versenktem Relief gehalten.
  
• Die Szenen zeigen Personifizierungen von geographischer Einheiten (Ober-/Unterägypten; Gaue; Pehu-Regionen) und von Gebäuden und künstlichen Gewässern, die von Hatschepsut, Thutmosis I. und Thutmosis III. errichtet bzw. angelegt worden sind. Das Geschlecht der Personifikationen (männlich oder weiblich) richtet sich in der Regel nach dem grammatischem Geschlecht des Bezugswortes, z.B. ist $pḥ.w$ maskulin, daher sind alle dargestellten Personifikation männlich, $ḥw.t$ als erster Bestandteil von Gebäuden ist feminin, daher sind alle diesbezüglichen Personifikationen weiblich; es gibt auch Ausnahmen von der Regel, vgl. z.B. Oberägypten, Block 168, 2. Szene, mit femininem Bezugswort, aber maskuliner Personifikation, ebenso Block 179+242 (mehrere Szenen).
  
• Alle Szenen sind gleich aufgebaut. Die Personifikation bringt in knieender Haltung Geschenke dar. Die maskulinen Personifikationen haben Nilgott-Gestalt; sie tragen ein plissiertes Kopftuch und einen Götterbart, Halskragen, dazu einen engen Schurz um die Hüfte, ein üppiger Bauch und üppige Brüste hängen nach vorne herunter. Die weiblichen Personifikationen tragen ein einteiliges, eng anliegendes Trägerkleid, einen Halskragen und eine lange Perücke. Die Arme und Hände beider Typen sind nach vorne ausgestreckt. Sie halten ein Tablett, auf denen zwei Hes-Vasen sowie zwischen diesen eine kleine Vase stehen. An den Armen hängen zwei Anch-Zeichen, die an einer Schnur befestigt sind, herab. Mittig hinter dem Tablett ist ein hohes Was-Zepter abgebildet. Auf den Köpfen (Gau) bzw. über den Köpfen ist der jeweilige Name des Gebietes bzw. der Anlage angebracht. Über dem Tablett befindet sich jeweils eine Beischrift der Art $ḏi̯=f ꜥnḫ$ „er gibt Leben“ usw., in einer eigenen Kolumne, am gegenüberliegenden Ende der Szene, ist noch eine Götterrede, die die jeweiligen Präsente nennt, angebracht.
  
• Allgemein lässt sich die Prozession wie folgt unterteilen: (a) Auf der Südseite, inkl. der Südhälften der Ost– und Westseite, „Oberägypten“, mit der Darstellung oberägyptischer Gaue und Gebäuden/Gewässern, die Hatschepsut, Thutmosis I. und Thutmosis III. in Auftrag gegeben hatten; (b) auf der Nordseite, inkl. der Nordhälften der Ost– und Westseite, „Unterägypten“, mit der Darstellung unterägyptischer Gaue und zahlreicher Pehu-Gebiete (aus Ober– und Unterägypten). Die Figuren und Hieroglyphen sind jeweils so angeordnet, dass sie zur Ostseite blicken.
  
• Vgl. die allgemeinen Beschreibungen bei Lacau/Chevrier, Une chapelle d’Hatshepsout I, 69-72 (§§ 107-113), Larché, in: Burgos/Larché, La Chapelle Rouge II, 59 und PM 2II, 65, sowie die detaillierten Photographien bei Burgos/Larché, La Chapelle Rouge I, 15-30.