ngmgm(Lemma-ID 89680)

Hieroglyphische Schreibung: 𓈖𓅠𓅓𓊗𓏤𓏤


Persistente ID: 89680
Persistente URL: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/89680


Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch

Wortklasse: Verb (5-rad.)


Übersetzung

de
sich zusammenfinden
en
to conspire
fr
se regrouper

Bezeugung im TLA-Textkorpus


Belegzeitraum im TLA-Textkorpus: von 1939 v.Chr. bis 1400 v.Chr.

Schreibungen im TLA-Textkorpus:

 Weisen Sie uns gerne auf Irrtümer hin

𓈖𓅠𓅓𓊗𓏻 | 1× V\inf ( 1 )
𓈖𓅠𓅠𓅱 | 1× V\advz ( 1 )
𓈖𓎼𓅓𓎼𓅓 | 1× V\advz ( 1 )
𓈖𓎼𓅓𓎼𓅓𓀜 | 1× V\advz:stpr ( 1 )

Bibliographie

  • Wb 2, 349.15
  • FCD 142
  • Derchain-Urtel, GM 6, 1973, 39 f.
  • Vernus, in: Fs Frandsen, 424 f.


Digitale Verweise

Alt-TLA 89680
Digitalisiertes Zettelarchiv 89680
Erman & Grapow, Wb. 349

Kommentare

ngmgm:
Dieses Wort kommt in der Passage pRamesseum VII, B, x+13 – x+16 dreimal vor: (1a) Das erste Mal mit Einkonsonantenzeichen geschrieben und mit dem schlagenden Mann klassifiziert; (1b) das zweite Mal erneut mit Einkonsonantenzeichen geschrieben, aber dieses Mal ohne einen Klassifikator; (1c) das dritte Mal schließlich ist es mit zwei gm-Vögeln geschrieben, aber erneut ohne Klassifikator.
Der zeitlich nächste Beleg für dieses Verb stammt aus (2) einer Inschrift der Hatschepsut aus Deir el-Bahari, die einen Feldzug ihres Vaters, Thutmosis’ I., thematisiert (Popko, Geschichtsschreibung der Ahmosiden- und Thutmosidenzeit, 165-171 und 283, Kol. y+7). Dort ist es wie Beleg 1c mit zwei gm-Vögeln geschrieben, die aber zusätzlich jeweils mit einem m phonetisch komplementiert sind. Außerdem ist es mit dem sitzenden Mann mit Hand am Mund klassifiziert. (3) Der letzte Beleg stammt schließlich aus einer Stele Amenhoteps II. aus Karnak (Urk. IV, 1312.8; die größtenteils parallele Memphis-Stele enthält diese Notiz nicht, bietet also keinen zusätzlichen Beleg). Dieser Beleg ist wie Nr. (2) mit gm-Vogel und phonetischem Komplement geschrieben, allerdings nicht ngmgm, sondern abgekürzt ngm-zp-2. Außerdem ist es klassifikatorlos.
Insgesamt gibt es also für dieses seltene Verb zwei verschiedene Schreibungen und drei verschiedene Arten der Klassifikation (Nullklassifikation [∅], sitzender Mann mit Hand am Mund [A2], schlagender Mann [A24]): Zum einen die Schreibung mit Einkonsonantenzeichen (1a: A24; 1b: ∅); zum anderen die Schreibung mit dem gm-Vogel (1c: ∅; 2: ∅; 3: A24). Alle Belege sind intransitiv.
Trotz der verschiedenen Schreibungen ist wohl davon auszugehen, dass es sich um dasselbe Wort handelt (s.u.).

Wb kannte nur den Beleg (3) von der Stele Amenhoteps II. (Wb 2, 349.15), die dementsprechend die Basis für die Bedeutungsfindung bildete: Dem Kontext nach drückt es eine negative Handlung aus, denn es beschreibt etwas, was die Bewohner der Stadt Ikatji tun, r jri̯.t sḫr n(.j) ḫꜣꜥ tꜣ jwꜥ.yt n(.t) ḥm=f | [r-b]⸢nr⸣ m pꜣ dmj r pnꜥ ḥr pꜣ [wr n(.j) Jkṯj] n.tj ḥr mw n(.j) ḥm=f: „um einen Plan zur Vertreibung der Besatzung Seiner Majestät aus der Stadt zu schmieden, und um den [Fürsten von Ikatji], der Seiner Majestät gegenüber loyal ist, ‚umzudrehen‘.“ Wb setzt als Bedeutung für ngmgm „sich verschwören“ an. Diese Übersetzung wird in jüngeren Arbeiten i.d.R. übernommen: sowohl in Wörterbüchern (Hannig, HWb (Marburger Edition), 463, Nr. {16731} [NB: der dort durch eine zweite Nr. {16731} suggerierte zweite Beleg wird dieselbe Stelle meinen, nur dieses Mal im Kontext mit r]; Faulkner, CD, 142: „conspire“) als auch von Bearbeitern dieser Stele (bspw. Urk. IV, Übersetzung zu Heft 17-22, 36: „sich verschwören“; Der Manuelian, Studies in the Reign of Amenophis II, 228: „conspire“; Beylage, Aufbau der königlichen Stelentexte, 111: „Verschwörung anzetteln“; Klug, Königliche Stelen, 263: „sich verschwören“; Lundh, Actor and Event, 118: „conspire“). Ebenso Spalinger, Aspects of Military Documents, 60: „plot a conspiracy“. Spalinger vermerkt außerdem: „ngmgm served the same purpose as kꜣı͗ bštw m ı͗b [‚Aufruhr im Herzen planen‘, L.P.], and was probably interchangeable with it.“ Einzig Derchain-Urtel, in: GM 6, 1973, 40 weicht davon ab und vermutet eine Bedeutung „sich zusammenfinden, sich versammeln“.
Der Kontext von Beleg (2) ist leider zerstört, aber es ist ebenfalls eine Handlung der Feinde (der Klassifikator ist noch erhalten) beschrieben: m jn.wt=sn ḥr mdw.t [---]: „in ihren Tälern mit Worten (o.ä.) [---]“. Von einer Gleichsetzung mit dem ngmgm von Nr. (3) gehen implizit Redford, History and Chronology, 59 („plot“), Ratié, La Reine Hatchepsout, 221 („comploter“) und Popko, a.a.O., 169 („sich verschwören“) sowie explizit Lundh, a.a.O., Anm. 244 aus.
Auch für die Belege des pRamesseum VII – zeitlich die frühesten, aber bearbeitungsgeschichtlich die zuletzt berücksichtigten – geht bspw. Vernus von einer Gleichsetzung und zunächst auch von einer ähnlichen Bedeutung aus, die ein Bewegungsmoment beinhalten (vgl. das dt. „Aufruhr“). So übersetzt er die gesamte Passage zunächst (Vernus, in: LingAeg 17, 2009, 307-308) mit: „Si Geb a avalé, c’est de manière qu’il ne soit-pas pris-de-remuements dans son ventre, de manière que son ennemi ne soit pas pris-de-remuements. Acceptez le ventre de Nout pour que mon ennemi ne soit pas pris-de-culbutes. II ne sera pas pris-de-culbutes, parce que je me suis donné quelque chose (/quelque chose m’a été donné). Si je vous ai avalé, c’est de manière que mon ennemi ne soit pas pris-de-remuements.“ Das Verb ngmgm leitet er von einer Wurzel gm(1) ab (explizit S. 307), deren Bedeutung er mit „triturer, malaxer“ (vgl. ebd., sowie S. 311 für das reduplizierte gmgm) bzw. „kneading, grinding up, fidgeting“ (vgl. sein Abstract S. 291) angibt. Auf diese Studie bezieht sich Meyrat, Papyrus magiques du Ramesseum, 8 und 20 mit den einzigen Unterschieden, dass er in Kol. B, x+14 die Lücke als zu lang für die Präposition m allein ansieht und sie daher offen lässt, und dass er am Beginn von B, x+15 nicht den Götternamen Nut ergänzt, sondern basierend auf Gardiner, Ramesseum Papyri, Taf. 23A, ẖ.t=j. An der Nuance des Verbs ändert das aber in seiner Übersetzung nichts: „Si Geb a avalé, c’est de manière qu’il ne soit pas pris-de-remuements […] son ventre, de manière que ses ennemis ne soient pas pris-de-remuements. Acceptez [mon] ventre pour que mes ennemis ne soient pas pris de culbutes. II ne sera pas pris de culbutes, parce que quelque chose m’a donné. Si je vous ai avalés, c’est de manière que mes ennemis ne soient pas pris de remuements.“ Allerdings deutet Vernus, a.a.O., 309, Anm. 103 schon die Möglichkeit an, ngmgm auch mit einer Wurzel gm(2): „se repérer, se retrouver“ zu verbinden. Für diese Option plädiert er dann in Vernus, in: Fs Frandsen, 424-425 und 430 aufgrund des Belegs (3), den er in seiner früheren Studie nicht berücksichtigt hat. Dort findet er eine Bedeutung „se retrouver, s’entre-organiser“ angebrachter, also wie schon Derchain-Urtel, und übersetzt Nr. (3) mit: „[les rebelles] se mettaient à se retrouver/s'entre-organiser dans leurs vallées, à parler …“. Tatsächlich scheint diese Übersetzung besser zu passen; im Deutschen würde auch ein „zusammenfinden“ sowohl in Beleg (3) als auch (2) passen und würde sowohl eine Klassifizierung mit dem sitzenden Mann mit Hand am Mund (als Verb der sinnlichen Wahrnehmung) als auch eine mit dem schlagenden Mann (als Aktionsverb) nachvollziehbar erscheinen lassen: In Beleg (2) „verschwören“ sich die Bewohner nicht, um einen Plan zu schmieden, sondern sie „finden sich zusammen“, um einen Plan zu schmieden, und in Beleg (3) „verschwören“ sich die Feinde nicht in ihren Tälern, sondern sie „finden sich“ dort „zusammen“.
Es gibt jedoch noch ein Zusatzproblem: Vernus weist darauf hin, dass dieses Verb ngmgm intransitiv sei. In den Belegen 1a-c steht das Verb jedoch nach dem Negativverb tm: (1a) tm ngmgm=f, (1b) tm ngmgm ḫft.j.w=f, (1c) tm ngmgm.w ḫft.j.w=j. Hierbei nimmt es die Form des Negativkomplements an, die sich konkret in (1c) an der Endung w (mit Wachtelküken) zeigt. In dieser Konstruktion ist aber die Regel, dass das Subjekt dem tm folgt, wenn es pronominal ist, dagegen aber dem Negativkomplement, wenn es nominal ist: also tm=f sḏm.w gegenüber tm sḏm.w NN, s. GEG, § 343. Der Beleg (1a) müsste demzufolge tm=f ngmgm lauten und nicht, wie es dasteht, tm ngmgm=f. Verschiedene Lösungen dieses Problems ließen sich anbieten:
(a) Am einfachsten macht man es sich, wenn man diese Stelle zu einem Fehler erklärt und zu tm〈=f〉 ngmgm{=f} emendiert, oder zu tm ngmgm 〈ḫft.jw〉=f. Der zweite Vorschlag ließe sich damit begründen, dass auch an den drei übrigen Stellen ḫft.jw=f das Subjekt dieser Konstruktion ist.
(b) Das f nach ngmgm ist gar kein Suffixpronomen, sondern der erste Konsonant eines nominalen Subjekts, dessen Rest durch die anschließende Lücke verloren ist. Vgl. dazu Meyrats Vermutung, dass in der Lücke mehr als nur die Präposition m gestanden haben könnte.
(c) Nahe mit Option (a) verwandt, aber nicht identisch, wäre die Option, diese Stelle zu einer Ausnahme zu erklären.
(d) Solche scheinbaren Ausnahmen tm sḏm(.w)=f gibt es auch in anderen Texten. Schenkel, in: LingAeg 7, 2000, 5-6 diskutiert drei von ihnen, die er aber eher als Vollverb tm: „aufhören“ + anschließendes Subjektsnomen deutet: Seine drei Beispiele sind alle mit snḏ nach tm konstruiert, das natürlich sowohl als Verb als auch als Substantiv existiert. Wollte man diese Lösung auf pRamesseum VII übertragen, müsste man ngmgm=f als Subjektssatz interpretieren: „Sein Sich-zusammen-Finden hört auf“ o.ä. (NB: Eine Ausnahme bei der gegenteiligen Konstruktion, also einem falsch platzierten nominalen Subjekt, bietet bspw. PT 480, Pyr. § 998a, wo in der Version Pepis I. regelwidriges tm KN wnn m-ḫnt=ṯn steht und in der Version Pepis II. das regelkonforme [tm] wnn KN m-ḫnt=ṯn (s. im TLA).)
(e) Ähnlich zu Lösung (d) und vielleicht damit zusammenzubringen: Im Neuägyptischen folgt auf tm der Infinitiv, und laut GEG, § 344 kann das auch schon früher gelegentlich vorkommen. Das eröffnet die Möglichkeit, ngmgm=f zu einem Infinitiv im Status pronominalis zu deklarieren. Das Suffixpronomen würde dann das Agens, also das semantische Subjekt des Infinitivs, bezeichnen, vgl. Schenkel, Einführung 2012, 269.
(f) Nur eine Weiterführung von Lösung (e): Entgegen dem ersten Anschein und Vernus’ expliziter Notiz könnte ngmgm vielleicht auch transitiv sein. In dem Fall wäre ngmgm=f ein Infinitiv im Status pronominalis, wie in (e), aber das Suffixpronomen würde das Objekt und nicht das Subjekt benennen. Diese Lösung widerspricht allerdings der Untersuchung von Derchain-Urtel, in: GM 6, 1973, 39-54, wonach das n-Präfix eine mediale Bedeutung des präfigierten Verbs ausdrückt und damit ein direktes Objekt ausschließt.
Für eine der drei letzten Optionen spricht der Umstand, dass ngmgm in Beleg (1c) eine explizit (mit Wachtelküken) geschriebene w-Endung zeigt, in (1a) dagegen nicht. Das könnte ein Indikator dafür sein, dass in beiden Belegen verschiedene Verbformen vorliegen. Andererseits ist auch Beleg (1b) ohne w-Endung geschrieben (d.h. wie (1a)), hat aber ein nominales Subjekt und dieselbe Wortstellung wie (1c). Es ist vordergründig nicht ersichtlich, warum ngmgm in (1b) und (1c) unterschiedliche Verbformen annehmen sollte, obwohl sein syntaktisches Umfeld identisch ist.

L. Popko, 08. Juni 2022.

Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen


Editor:innen: Altägyptisches Wörterbuch; unter Mitarbeit von: Simon D. Schweitzer, Annik Wüthrich
Datensatz erstellt: vor Juni 2015 (1992–2015), letzte Revision: 27.09.2024

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(Vollzitation)
"ngmgm" (Lemma-ID 89680) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/89680>, ediert von Altägyptisches Wörterbuch, unter Mitarbeit von Simon D. Schweitzer, Annik Wüthrich, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)
(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/89680, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)