ḥsb.t(Lemma-ID 109920)
Hieroglyphische Schreibung: 𓎛𓋴𓃀𓏏𓌪
Persistente ID:
109920
Persistente URL:
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/109920
Lemma-Liste: Hieroglyphisch/Hieratisch
Wortklasse: Substantiv (fem.)
Übersetzung
Bezeugung im TLA-Textkorpus
5
Belegzeitraum im TLA-Textkorpus:
von
1425 v.Chr.
bis
30 v.Chr.
Schreibungen im TLA-Textkorpus:
Bibliographie
-
Wb 3, 168.5
- Van der Molen, Dictionary of Coffin Texts, 356
Kommentare
Bitte zitieren als:
(Vollzitation)"ḥsb.t" (Lemma-ID 109920) <https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/109920>, ediert von Altägyptisches Wörterbuch, unter Mitarbeit von Simon D. Schweitzer, Andrea Sinclair, Annik Wüthrich, Amr El Hawary, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae, Korpus-Ausgabe 19, Web-App-Version 2.2.0, 5.11.2024, hrsg. von Tonio Sebastian Richter & Daniel A. Werning im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Hans-Werner Fischer-Elfert & Peter Dils im Auftrag der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Zugriff am: xx.xx.20xx)(Kurzzitation)
https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/lemma/109920, in: Thesaurus Linguae Aegyptiae (Zugriff am: xx.xx.20xx)
ḥsb.t: Ein ḥsb.t genanntes Messer wird in den Fangnetzsprüchen innerhalb der Sargtexte sowie in Tb 153 genannt (s. Van der Molen, Dictionary of Coffin Texts, 356 und Wb 3, 168.5). Es wird regelmäßig als Messer einer Gottheit ausgewiesen (in den von van der Molen genannten Belegstellen Isis und Nephthys, im Tb einmal auch Schesemu); und diese Bezeichnung „ḥsb.t von (Gottheit) NN“ gilt als Name eines šꜥ.t-Messers. Bidoli, Fangnetze, 70 mit Anm. b leitet ḥsb.t von ḥsb: „zerbrechen“ ab und schlägt die Übersetzung „Hackmesser“ vor. Die Stellen geben nur wenig Auskunft über die Natur des Messers: in CT VI, 18f und 35k erfährt man immerhin, dass die Göttin Isis dieses Messer nutzte, um die Nabelschnur ihres Sohnes Horus „durchzuschneiden“ (šꜥ); in anderen Texten wird mit einer Nabelschnur auch ḥsq gemacht (vgl. etwa Quack, in: SAK 34, 2006, 377), was neben „abschneiden“ o.ä. auch „köpfen“ bedeuten kann und daher neben Tätigkeiten von Schneidwerkzeugen ebenfalls solche von Hiebwerkzeugen benennen kann. Das vermutlich diesem Substantiv zugrunde liegende Verb ḥsb (Wb 3, 168.4) ist bislang nur einmal, in der 11. Stunde des Pfortenbuches, belegt (d.h. viel später als das Substantiv). Dort heißt es Ꜥꜣpp ḥsb(.w) m snf=f: „Apophis ist ḥsb-gemacht in seinem Blute“.
In den Fangnetzsprüchen tritt ḥsb.t als Bezeichnung, also mindestens als Teilsynonym, von šꜥ.t auf, einem Nomen, das sich vom Verb šꜥ: „schneiden, abtrennen“ ableitet. Das Substantiv ist selten, aber es ist von der Pyramidenzeit bis in die ptolemäischen Tempelinschriften belegt (sofern man diese letzteren Belege nicht, wie es Wilson, Ptol. Lexikon, 993 vermuten lässt, unter šꜥ.t: „Gemetzel“ subsummiert). Es ist etwas, mit dem man natürlich šꜥ: „schneiden“ kann; aber man kann damit auch ḥwi̯: „schlagen“ (DZA 29.957.300) und sṯi̯: „schießen“ (d.h. hier wohl: „stechen“) (DZA 29.957.250). Dieses Objekt mit „Schwert“ zu übersetzen, wie es bspw. Sethe, Pyr. Übers., I, 251 (PT 247, § 257) schon für die Belege aus den Pyramidentexten tut, hängt natürlich wesentlich davon ab, ob man entsprechende dolch- und messerartige Waffen dieser Zeit als Schwert klassifiziert; und ebenso fließend, wie die Grenze dieser modernen Waffenbezeichnung ist, könnte sie auch im Alten Ägypten gewesen sein: Wenn in einigen späteren Belegen vom šꜥ.t des Königs gesprochen wird, liegt die Bedeutung „Schwert“ tatsächlich näher als „Dolch“ oder „Messer“.
Ein weiterer Faktor, der die Frage nach der Bedeutung von ḥsb.t zumindest berührt, ist der Umstand, dass šꜥ.t und damit ḥsb.t in den Fangnetzsprüchen in einer Aufzählung von Teilen eben eines Fangnetzes erscheint, und zwar hinter mḏꜣ.t, dem „Gestänge“. Bidoli, a.a.O. vermutet dennoch in ḥsb.t eine Bezeichnung des Messers, nämlich des Messers, das verwendet würde, „(...) um das Seil zurechtzuschneiden, welches sie [d.h. die Ägypter, L.P.] für das Zusammenbinden der Pflöcke mit den Streben beim Aufstellen des Netzes benötigten“. Dennoch sollte mit der Option gerechnet werden, dass šꜥ.t an dieser Stelle eine metaphorische Bezeichnung für einen integralen Teil des Netzes ist. Vor diesem Hintergrund fragt sich, ob es vielleicht auch einen Zusammenhang zwischen dem ḥsb.t dieser Sprüche und dem bislang nur zweimal belegten Wort ḥsb.t in Darstellungen des Vogelfangs gibt (Wb 3, 166.8). Von den beiden Belegen des Wb für dieses letztere Wort ist der zweite zu stark zerstört, um bei der Bedeutungsfindung zu helfen; der erste Beleg stammt aus der Mastaba des Ptahhotep in Saqqara (westlich der Stufenpyramide, Opferkammer, Ostseite, nördliche Hälfte, 6. Register v.o.), s. Griffith, Paget, Pirie, in: Quibell-Spiegelberg, Ramesseum, Taf. 32. Dort ist einer Gruppe von Männern sḫt m ḥsb.t: „(Vögel) fangen im/mit (?) ḥsb.t“ beigeschrieben, die so stark an einem Seil eines Fangnetzes voller Vögel ziehen, dass sie schon liegen.
Literatur:
– D. Bidoli, Die Sprüche der Fangnetze in den altägyptischen Sargtexten, Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo, Ägyptologische Reihe 9 (Glückstadt 1976).
– A. de Buck, The Egyptian Coffin Texts VI. Texts of spells 472-786, Oriental Institute Publications 81 (Chicago 1956).
– F.L. Griffith, R.F.E. Paget, A.A. Pirie, The Tomb of Ptah-Hetep, in: J. E. Quibell – W. Spiegelberg (Hrsg.), The Ramesseum / The Tomb of Ptah-Hetep, British School of Archaeology in Egypt and Egyptian Research Account [2] (London 1898), 25-34.
– J.F. Quack, Apopis, Nabelschnur des Re, in: Studien zur Altägyptischen Kultur 34, 2006, 377-379.
– K. Sethe, Übersetzung und Kommentar zu den altägyptischen Pyramidentexten. Bd. 1. Spruch 213-260 (§§ 134a-323d) (Glückstadt, Hamburg, New York 1935).
– R. van der Molen, A Hieroglyphic Dictionary of Egyptian Coffin Texts, Probleme der Ägyptologie 15 (Leiden 2000).
– P. Wilson, A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu, Orientalia Lovaniensia Analecta 78 (Leuven 1997).
L. Popko, 11. Mai 2023.
Autor:in des Kommentars: Strukturen und Transformationen